Neues Gesetz zur Namens- und Geschlechtseintragsänderung

Wir haben uns Gedanken gemacht, wie das Argentinische Gesetz in Deutschland aussehen könnte. Hier mal ein Entwurf als Diskussionsansporn.



Gesetzesentwurf

Gesetz zur Änderung des Vornamens und des Personenstandes in besonderen Fällen

§1 Recht auf Anerkennung der geschlechtlichen Selbstaussage

(1) Jede Person hat das Recht
  1. auf Anerkennung ihrer geschlechtlichen Selbstaussage als ihr Geschlecht;
  2. auf die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit im Einklang mit diesem Geschlecht;
  3. auf die Wahl neuer Vornamen, sofern die bei der Geburt eingetragenen Vornamen nicht nach dem allgemeinen Verständnis von Personen dieses Geschlechts geführt werden;
  4. auf die entsprechende Änderung der Geburtsurkunde und des Personenstandsregisters und die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen;
(2) Von der Änderung des Vornamens und des Personenstandes an richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten des Antragstellers nach dem gemäß Absatz (1) bestimmten Geschlecht.

(3) Als Geschlecht im Sinne des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG gilt das Geschlecht gemäß der Selbstaussage einer Person.


§2 Definition

Als geschlechtliche Selbstaussage eines Menschen wird sein inneres, persönliches Wissen um sein Geschlecht begriffen. Dieses kann, muss aber nicht mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht übereinstimmen.
Dieses Geschlecht kann auch die Veränderung des Aussehens oder der Funktionen des Körpers durch medizinische Maßnahmen beinhalten, wenn dieses auf freier Entscheidung beruht.


§ 3 – Geltungsbereich.

Jede Person kann die Korrektur des eingetragenen Geschlechts, des Vornamens und den Austausch des jeweiligen persönlichen Abbildes beantragen, falls diese Angaben nicht mit der eigenen Wahrnehmung des Geschlechts übereinstimmen.


§ 4 – Anforderungen.

(1) Einen Antrag auf Änderung des Eintrags in der Geburtsurkunde und im Personenstandsregister, kann jede Person stellen, die 
  1. Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist,
  2. als Staatenloser oder heimatloser Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat,
  3. als Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Inland hat oder
  4. als Ausländer, dessen Heimatrecht keine diesem Gesetz vergleichbare Regelung kennt, aa) ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt oder bb) eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich dauerhaft rechtmäßig im Inland aufhält,
  5. Ein Mindestalter von achtzehn (18) Jahren hat, mit Ausnahme der Regelung in § 5 dieses Gesetzes.
(2) In dem Antrag sind die neuen Vornamen und gegebenenfalls das einzutragene Geschlecht, anzugeben.

(3) In keinem Fall ist der Nachweis eines chirurgischen Eingriffes oder von hormonalen Therapien bzw. etwaigen psychologischen oder medizinischen Behandlungen oder Gutachten erforderlich.


§ 5 - Minderjährige Personen.

Im Falle von Personen, die das achtzehnte (18.) Lebensjahr noch nicht erreicht haben, muss das in Artikel 4 dargelegte Antragsstellungsverfahren von den jeweiligen gesetzlichen Vertretern und mit der ausdrücklicher Zustimmung des/der Minderjährigen unter Berücksichtigung der Grundsätze der wachsenden Fähigkeiten und des steigenden Interesses des Kindes im Einklang mit den Bestimmungen über den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen erfolgen.
Wird aus irgendeinem Grund das Einverständnis durch eine(n) der gesetzlichen Vertreter/innen des/der Minderjährigen verwehrt oder kann diese nicht erzielt werden, besteht die Möglichkeit, den Rechtsweg vor dem zuständigen Familiengericht zu beschreiten.


§ 6 – Verfahren.

(1) Zuständig für die Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags ist das für den Antragssteller zuständige Standesamt. Die Länder dürfen die Zuständigkeit an eine andere Behörde übertragen.

(2) Sind die Voraussetzungen gemäß Artikel 4 oder 5 erfüllt, macht die zuständige Behörde die amtliche Mitteilung über die Änderung des Geschlechts und des Vornamens an das zuständige Standesamt, in dem die Geburtsurkunde ausgestellt wurde bzw. in dem die Geburtsurkunde geführt wird, wobei keine rechtlichen oder administrativen Verfahren erforderlich sind. Diese stellt daraufhin eine neue Geburtsurkunde entsprechend den Veränderungen aus. Die Eintragungen im Personenstandsregister sind entsprechend zu ändern.

(3) Jeder Bezug auf dieses Gesetz in der veränderten Geburtsurkunde, im Personenstandsregister und den auf dieser Grundlage ausgestellten Dokumenten ist untersagt.

(4) Das im Rahmen dieses Gesetzes vorgesehene Bearbeitungsverfahren zur Eintragsänderung ist persönlich und erfordert nicht  die Einschaltung eines Vermittlers oder Rechtsanwalts oder sonstiger Dritter.  

(5) Die Änderung erfolgt analog zu §47 PStG.


§ 7 –  Auswirkungen.

(1) Ab der amtlichen Eintragung ist die antragstellende Person mit den geänderten Vornamen und dem geänderten Personenstand zu führen und eine der Eintragung entsprechende Anrede zu verwenden.
 
(2) Die Eintragsänderung beeinträchtigt weder die vor der Eintragung der Änderung bereits vorhandenen persönlichen Rechtsansprüche und -verpflichtungen des Betreffenden, noch solche aus familienrechtlichen Beziehungen. Diese bleiben unverändert, was auch adoptierte Kinder mit einschließt.  


§ 8 – Erneute Änderung

Sobald die Eintragsänderung in Übereinstimmung mit diesem Gesetz vorgenommen wurde, kann sie nur mit richterlicher Zustimmung erneut geändert werden. In solchen Fällen ist die Familiengerichtsbarkeit zuständig.


§ 9 –  Vertraulichkeit.

Ab dem Zeitpunkt der Änderung dürfen die vor der Entscheidung geführten Vornamen und der vorherige Personenstand ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, daß besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.


§ 10 –  Mitteilungen.

Die Staatsanwaltschaft als Vertreterin des öffentlichen Interesses wird über die Änderungen informiert.


§ 11 –  Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

(1) Jede Person über achtzehn (18) Jahre kann in Übereinstimmung mit §1 und zur Gewährleistung der Wahrnehmung einer ganzheitlichen Gesundheit vollständige und teilweise chirurgische Eingriffe bzw. hormonelle Ganzheitsbehandlungen zur Anpassung des Körpers - einschließlich der Genitalien - an ihr Geschlecht im Sinne des §2 ohne Notwendigkeit einer richterlichen oder verwaltungsbehördlichen Genehmigung vornehmen lassen.

(2) Für ganzheitliche hormonelle Behandlungen ist es nicht nötig, die Bereitschaft zu vollständigen oder teilweisen chirurgischen Eingriffen zu erklären.

(3) In beiden Fällen ist allein die Einwilligung des Betreffenden nach erfolgter Aufklärung erforderlich.

(4) Bei Minderjährigen gelten die Grundsätze und Voraussetzungen des §5 für die  Einholung der Einwilligung nach erfolgter Aufklärung.

(5) Die ausführenden Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens, unabhängig davon, ob es sich um staatliche, private oder die des Teilbereichs der Krankenversicherungen handelt, müssen dauerhaft die von diesem Gesetz anerkannten Rechte gewährleisten. Dazu gehört insbesondere, aber nicht abschließend, die Übernahme der Kosten für
  1. eine hormonelle Behandlung;
  2. genitalanpassende Operationen;
  3. Anpassung der Brust an das entsprechende Geschlecht;
  4. Entfernung von geschlechtsuntypischer Körperbehaarung;
  5. chirurgische Maßnahmen zur Anpassung des optischen Eindrucks des Gesichts an das jeweilige Geschlecht;
  6. Hilfsmittel, wie zum Beispiel Perücken;
  7. Psychotherapiesitzungen zur Bewältigung von eventuell im Zusammenhang mit der Änderung auftretenden gesellschaftlichen, sozialen oder familiären Problemen.
  8. Die Notwendigkeit und der Umfang der Maßnahmen wird von den jeweiligen behandelnden Ärzten zusammen mit ihrem Patienten festgelegt.

§ 12 – Würdiger Umgang.

(1) Das von Menschen, insbesondere die von Kindern und Jugendlichen angegebene Geschlecht muss respektiert werden.

(2) Allein auf ihr Bitten ist ihr angegebener Vorname bei Ladungen, Eintragungen, Akten, Anrufen und jedem anderen Vorgang oder Dienstleistung sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich zu verwenden.

(3) Die von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Menschenrechtsabkommen, sowie Art. 1, Abs. 1 und 2 GG gelten entsprechend und werden berücksichtigt.



Interministerielle Arbeitsgruppe Intersexualität/ Transsexualität

Obwohl die Vereinten Nationen mehrfach darauf hingewiesen hatten, dass es ein Paradoxon ist, wenn eine Frau sich als "Mann" bezeichnen lassen soll, die "Frau werden" will, nimmt die Bundesregierung diesen Hinweis nicht ernst. Anstattdessen will eine Arbeitsgruppe "Intersexualität/Transsexualität" als Grundlage für die Arbeit an der Reform von Gesetzen zum Thema auf eine wirklichkeitsverzerrende Studie des Deutsche Jugendinstitutes (DJI) referenzieren, in der Transsexualität überhaupt kein Thema war, sondern als "Trans*"-Identität abgefragt wurde. Spezifische Fragestellungen transsexueller Menschen wurden durch die Studie unsichtbar gemacht. Aus unserer Sicht ist dies keine Grundlage für die Arbeit des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ), passt aber allzugut zu der drohenden Repsychopathologisierung ala "Gender Dysphorie".

Eine Frau mit vermännlichten Körpermerkmalen hat kein "Gender-Identitäts"-Problem, dennoch wird ihr genau das unterstellt. "Gender Dysphorie", ein Begriff, der in den frühen 1970ern eingeführt wurde, wird von Sexologen der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung nun erneut aufgewärmt, um aus transsexuellen Frauen per Definition weiterhin (biologische) "Männer" zu machen, die "als Frau leben" wollen. Diesen Zustand nennen sie "Gender Dysphorie", oder "Trans*"-Identität.

Die Studie des Deutschen Jugeninstitutes unterstrich diesen Definitionshoheitsanspruch.

Ein Beispiel:

In der Einstiegsfrage wurden "Geschlechtsidentitäten" abgefragt. Die Umfrageteilnehmer konnten zwischen "weiblich", "männlich", "weiblich (mit Trans*-Biografie/Trans*-Mädchen/Trans*-Frau)", "männlich (mit Trans*-Biografie/Trans*-Junge/Trans*-Mann)", "genderqueer", "Transgender", weiß ich nicht", "ich möchte mich nicht kategorisieren", "möchte ich nicht sagen", "anderes, und zwar..." wählen.

Diese Einstiegstfrage erfasst transsexuelle Menschen aus zweierlei Gründen nicht: Bei Transsexualität geht es um eine körperliche Variation und nicht etwa um eine "Gender"-Identität, gleichzeitig taucht (aus dieser Sicht folgereichtig), "Transsexualität" als Abfragepunkt gar nicht auf. Bereits hier war erkennbar, dass es sich bei der Umfrage, nicht um eine Umfrage handelt, welche die Situation transsexueller Menschen erfassen will/wollte. Alle weitere Fragepunkte basierten auf dieser Grundüberlegung.

Eine Umfrage, in der die Situation transsexueller Menschen gar nicht abgefragt wurde, kann keine Grundlage für die Arbeit einer Arbeitsgruppe der Bundesregierung sein, die sich mit "Transsexualität" beschäftigt. Sie mag vielleicht geeignet sein, um bestimmte Interessen von Lobbygruppen durchzudrücken, die transsexuelle Menschen bis heute nicht als existent anerkennen wollen.

Wir haben daher folgenden Brief an das BMFSFJ verfasst:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben durch den Deutschen Frauenrat erfahren, dass das BMFSFJ die Ergebnisse einer wirklichkeitsverzerrenden Studie des Deutschen Jugendinstitutes DJI, das unzulässigerweise Transsexualität als "Identität" ("Trans*") subsumiert hat (bereits in der Fragestellung), anstatt als "körperliches Thema" als Grundlage für den Beratungsprozess der interministeriellen Arbeitsgruppe zu "Transseuxalität" heranziehen will.

Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass diese Studie die Lebenssituation transsexueller Menschen überhaupt nicht abgefragt hat. So wurden keine Fragen zu Ausgrenzung auf Grund körperlicher Merkmale gestellt. Auch Fragen zu Körpernormierung und stereotypen Vorstellungen wie Frauenkörper aussehen sollen, blieben aussen vor.

Für eine Betrachtung von Transsexualität ist die Studie aus unserer Sicht ungeeignet. Leider ist es so, dass es Lobbygruppen gibt, welche die Existenz von Frauen, die mit vermännlichten Körpermerkmalen geboren werden ablehnen oder die Deutungshoheit über Körper der Medizin bzw. (in diesem Fall) der Psychologie überlassen. Dies ist insbesondere deswegen relevant, da zur Zeit versucht wird, Transsexualität als "Gender Dysphorie" zu re-psychopathologisieren und Fremdbestimmung über Geschlecht auszuweiten. Der Deutungshoheitsanspruch bestimmter Lobbygruppen, die erkennen lassen, dass es Ihnen gar nicht um "Transsexualität" geht, aber über transsexuelle Menschen entscheiden oder bestimmen wollen, ist ein akutes Problem und Teil der geschlechtlichen Fremdbestimmung der letzten Jahrzehnte.

Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn eine Studie, die bereits in der Fragestellung Unsichtbarmachung transsexueller Menschen beinhaltet, als Grundlage für eine Arbeit heranzuziehen.

Wir möchten Sie darum bitten, folgende Studien zu berücksichtigen, welche die Situation transsexueller Menschen erfasst haben:
http://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/TSG/Studie_NRW.pdf

und:
http://atme-ev.de/images/texte/onlinebefragung_aktionsplan_akzeptanz_2014.pdf

Mit freundlichen Grüssen