Wann klingelt das Telefon?

Am 25. August hat die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion die Linke geantwortet, die den Bereich der "sexuellen Selbstbestimmung" betreffen. In der Antwort äussert die Bundesregierung, dass der "der Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität" eines ihrer Ziele sei. Angeführt werden u.a. Zivil- und Sozialpakt, sowie CEDAW. Da die Bundesregierung gleich drei Menschenrechtsabkommen erwähnt, müsste das doch Grund zur Freude sein. Oder? Immerhin haben die Menschenrechtskomitees der Vereinten Nationen sich auf den letzten Überprüfungs-Sessions dazu geäussert, dass das deutsche Transsexuellengesetz (TSG) nicht mit den Menschenrechten vereinbar ist und es ein Paradoxon darstellt, dass beispielsweise Frauen sich zu Männern erklären müssten, um rechtlich als Frau anerkannt zu werden (CEDAW 2009). Kommt, nach Jahren des Stillstandes Bewegung in die Sache?

Na, da freuen wir uns aber, dass die Bundesregierung nun die Menschenrechtsabkommen CEDAW (UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau), sowie den Zivil- als auch Sozialpalt ernstnehmen will. Wenn das so ist, müsste ja demnächst bei uns das Telefon klingeln, oder? Immerhin hatten die Menschenrechtskomitees, die für die Überprüfungen der Einhaltung dieser Abkommen zuständig sind, schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen, mit uns in Kontakt zu treten. Die Aufforderung an die Bundesregierung gab es schon 2009 und wurde dann nochmal 2011 wiederholt. Gemeldet hat sich bis heute niemand. Na, mal sehen. Hier mal das, was die Bundesregierung so von sich gibt:

Frage der Linken:

"1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sexuelle Selbstbestimmung
ein Menschenrecht ist?
Wenn nein, warum nicht?"

Antwort vom 25. August:

"Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) schützt das Recht auf Privatleben. Dies umfasst nach
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch die Achtung der sexuellen Selbstbestimmung eines Menschen. Artikel 17 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte schützt ebenfalls das Privatleben und hat einen vergleichbaren Anwendungsbereich.

Darüber hinaus ist der Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität ein im Koalitionsvertrag und im Nationalen Aktionsplan Menschenrechte festgeschriebener wichtiger Bestandteil des Menschenrechtsschutzes in Deutschland und in der deutschen Europa- und Außenpolitik.

Der völkerrechtlich in Zivil- und Sozialpakt verankerte Schutz vor Diskriminierung gilt unteilbar und unveräußerlich auch für Menschen, die aufgrund
ihrer sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität in ihren Menschenrechten verletzt werden. Explizit ist das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexu ellen Ausrichtung in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Nichtdiskriminierung) festgelegt. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention wiederholt festgestellt, dass Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität unzulässig sind."

Dann sind wir doch mal gespannt. Wir hatten ja ursprünglich deswegen unsere Berichte an die Vereinten Nationen geschrieben, da wir deutlich machen wollten, dass in Deutschland transsexuelle Menschen immer noch als das Geschlecht behandelt werden, von dem sie wissen, dass sie diesem nicht angehören. Medizinische Klassifizierungen als "Gender Identity Disorder" aber auch "Gender Dysphorie" bzw. "Gender Incongruence", die davon ausgehen, dass es sich bei transsexuellen Frauen um "Männer, die sich als Frauen identifizieren" sind oder transsexuelle Männer "Frauen, die als Männer leben wollen" seien, führen in Deutschland bis heute zu der paradoxen Situation, dass transsexuelle Menschen heute nur dann eine medizinische Behandlung erhalten, wenn sie sich darauf einlassen, sich geschlechtlich deuten zu lassen. Der Wahrheitsgehalt der Aussage "ich bin eine Frau" oder "ich bin ein Mann" wird transsexuellen Menschen bis heute in Deutschland aberkannt.

Auch bei der Leitlinienentwicklung "Gender Dysphorie", die federführend von der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung vorangetrieben wird, und zu der sich mehrheitlich psychiatrische oder psychologische Verbände dazu gesellt haben, wird immer noch von einer psychischen Befindlichkeit ausgegangen, anstatt davon, dass die Aussagen, die transsexuelle Menschen über ihr Geschlecht machen, wahr sind.

Wir sind dann mal gespannt. Wenn die Bundesregierung Menschenrechtsabkommen neuerdings tatsächlich ernst nimmt, dann dürfte die Kritik an der weiterhin angestrebten Gender-Deutung durch psycho-sexologische Lobbyverbände (wie der DGfS) nun nicht länger ungehört bleiben. Oder?


Link zu der Kleinen Anfrage: Hier