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Warum Transsexualität unsichtbar gemacht wird

Es steht die Frage im Raum, warum Menschen mit Transsexualität uminterpretiert und unsichtbar gemacht werden. Beispielsweise in den Medien.

Hier ein Erklärungsansatz:

Diejenigen, welche über das Thema berichten, gehen davon aus, sie profitierten von einer Weltsicht, die das Genital als biologisches Geschlecht setzt und alles andere davon als vom Genital abweichende Identitäten. Das sind nicht selten auch homosexuelle Menschen und Transvestiten, die gegen die sozialen Konventionen in einer Gesellschaft dadurch verstossen, dass sie andere Vorlieben zeigen, als die, die in konservativen Gesellschaften von ihnen verlangt werden. Sie interessieren sich für andere Dinge (die von der hetero-Norm abweichen), sie geben sich anders und sie lieben anders. "Gender" ist bei Ihnen anders als üblich. Um eine Gewissheit über sich selbst zu erlangen bleibt nicht mehr viel übrig, als das Genital. Das Genital ist dann die Rückvergewisserung über das eigene Geschlecht, alles andere davon weicht ab.

Wenn nun Menschen ankommen und sagen: Das Genital ist aber nicht mit dem Geschlecht eines Menschen gleichzusetzen, sondern z.B. das was zwischen den Ohren ist, dann muss ein Mensch, der das Genital als Vergewisserung des eigenen Seins benötig das als Angriff auf das eigene Selbstverständnis verstehen. Die Angst ist dabei das eigene Geschlecht zu verlieren oder sogar die gender-untypischen Verhaltensweisen als Ausdruck eines "Bin-Ich-Doch-Kein-Mann?" oder "Bin-Ich-Doch-Keine-Frau?" fehlzuinterpretieren.

"Geschlechtsidentität" ist ein Mittel der Anerkennung homosexueller und transvestitischer Selbstverständnisse. Wenn "Geschlechtsidentität" aber für transsexuelle Menschen verwendet wird, dann ist es regelmässig falsch. Denn Menschen mit Transsexualität wissen, dass es ihnen nicht darum geht, ein bestimmtes Gender auszuleben, sondern dass ihr Körper von ihrem Geschlecht abweicht (Transsexualität). Welche geschlechtliche Identifikation sie haben mögen, ob diese nun streng an gesellschaftlichen Stereotypen orientiert ist, oder nicht - also ob z.B. Frauen mit Transsexualität sich stereotyp feminin kleiden, oder doch lieber Hosen tragen, ... - ist von ihrer körperlichen Thematik unabhängig.

Die Unsichtbarmachung von Transsexualität hat also die Ursache in einem auf Genitalien basierenden geschlechtlichen Selbstverständnis.

Warum wird dann aber unsichtbarmachend über Menschen mit Transsexualität berichtet? Weil die Menschen, die berichten, das Genital für ihre eigene geschlechtliche Selbstvergewisserung benötigen. Sie berichten deswegen über Transsexualität, um das Thema "in den Griff" zu bekommen. Es geht ihnen - auch wenn sie das so offen nicht sagen würden oder ihnen das selbst nicht bewusst ist - darum, dass in der Öffentlichkeit die genitale Selbstsicht, also ihr eigenes Selbstverständnis, nicht in Frage gestellt wird.

(Hinweis: Der Text dient als Diskussionsgrundlage)

Ein neuer Feminismus

Wir brauchen einen neuen Feminismus. Da gibt es den einen, der so etwas wie ein biologisches Geschlecht an den Genitalien festmacht (Sexus) und damit die Bewertung von Körpern (auch Frauenkörpern), möglich macht. Dieser Feminismus schafft die Klassen, die er angeblich bekämpfen will. Und es gibt den anderen Feminismus, der nur noch Rollen kennt (Gender) und behaupet, wir alle würden uns mit irgendwem identifizieren. Dieser Feminismus erzeugt die Stereotype, die er bekämpfen will.

Ein neuer Feminismus bewertet keine Körper. Ein neuer Feminismus schafft keine Identitätskategorien. Ein neuer Feminismus ist universalistisch. Ein neuer Feminismus hört zu.

Wesen dieses neuen Feminismus ist es, die Bewertung von Körpern und das Konstruieren von Identität als ein sich gegenseitig verstärkendes übergriffiges Prinzip geschlechtlicher Herrschaft zu begreifen. Diese Übergriffe finden wir in Sprache wie in Tat. Wenn von "uneindeutigem Geschlecht" gesprochen wird, zeigt die Sprache, dass die Deutung von Geschlecht immer noch angestrebt wird. Wenn von "cis*Menschen" und "trans*Menschen" die Rede ist, wird die Kategorisierung - und damit Bewertung - gesellschaftlicher Gruppen immer noch hingenommen.

Deuten, Kategorisieren und Bewerten sind gewalttätige Akte und Ausdruck eines geschlechtlichen Machtanspruchs. Die Grenzen, die dabei regelmässig und selbstverständlich übertreten werden, Zeichen patriarchaler Gewalt.

Ein neuer Feminismus ist sich der Gewalt durch Bewertung von Körpern und gesellschaftlicher Kategorisierungen bewusst und setzt sich für ein Ende dieser Konventionen ein. Ein neuer Feminismus ist sich bewusst, dass eine Welt, in der Menschen sich zuhören anstatt zuzuweisen und Menschen sich wertschätzen, anstatt sich zu bewerten, eine Welt ist, die gelebt werden kann. Es ist ein Welt, in der gelebt werden kann. Es ist eine Welt des neuen Feminismus.