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Die Konstruktion der Anderen. Über Geschlechtermacht.

Wir haben den Eindruck, dass die Leute, die Transsexualität zu einer Frage der "Geschlechtsidentität" umdefinieren wollten, an ihrem Ziel (fast) angekommen sind. Alle reden nur noch über "trans*" und meinen damit Menschen, die sich mit einem anderen sozialen Geschlecht identifizieren und wenn es um den Körper geht, dann nur noch darum, wenn der Blick auf diesen dann dazu führt, das "biologische Geschlecht" eines Menschen zu bestimmen und Menschen anhand dessen zuzuweisen.

Schauen wir uns mal folgenden Artikel aus Österreich an. So wird das in einem Artikel bei "kosmo.at" definiert (wir schreiben mal Überschriften über die Zitate, um die Methode der Unsichtbarmachung aufzuzeigen):

Transsexualität wird mit Transgender gleichgesetzt. Körperliche Fragen werden zu Fragen der Identität gemacht. Es wird gesagt, dass der Autor die richtige Information hätte. Er will hier definieren:

"Dass die Mitglieder der transsexuellen Community nicht alle gleich sind"
"Falschinformationen über Transgender"

Der Autor legt das "Biologische Geschlecht" fest. Was er dann "Trans-Frauen" nennt, sind keine biologischen Frauen, sondern... was denn genau? Die Lücke verrät es: Männer, die sich auf der sozialen Ebene als Frau empfinden:

"Trans-Frauen total unterschiedlichen Profils, die jedoch dasselbe Schicksal teilen: die Zugehörigkeit zu einem anderen Geschlecht als dem biologischen."

Der Autor macht aus Menschen mit Transsexualität eine "Community", also eine abgeschlossene Gruppe, in der aber die unterschiedlichsten Personen anzutreffen sind. Gleichzeitig sagt er, diese "Community" sei unsichtbar. Der Autor ist quasi derjenige, der diese "Community" aus der Unsichtbarkeit holt. Er behauptet, aufzuklären, weist aber wieder nur zu:

"Aufgrund der 'Unsichtbarkeit' dieser Community gibt es zahlreiche Vorurteile und Falschinformationen über Transgender in der Mehrheitsgesellschaft."

Menschen, die sich anders empfinden, als ihr "biologisches Geschlecht" (siehe oben) blieben, so der Autor, unter sich. Er konstruiert damit eine Art Parallelgesellschaft. Natürlich muss auch wieder erähnt werden, dass es um "Identität" geht:

"da sich transidentitäre Personen vermehrt in den eigenen Kreisen bewegen."

Es ist natürlich wichtig, Dinge mehrfach zu betonen. Das mit dem "biologischen Geschlecht" zum Beispiel. Es muss - was ganz wichtig ist, um transsexuelle Menschen unsichtbar zu machen - immer schön gesagt werden, dass Menschen mit Transsexualität nicht biologisch sind. Das kommt besonders gut, in Verbindung mit angeblichem Einsatz für diese geheime "Community":

"Auch wenn der Begriff Transsexualität das Wort Sexualität in sich trägt, ist es wichtig zu verstehen, dass die Betroffenen kein Problem mit ihrer sexuellen Orientierung haben, sondern eine Kluft zwischen dem biologischen und der gefühlten/gelebten Geschlechtsidentität empfinden".

Das "biologische Geschlecht" muss mehrfach erwähnt werden. Und die Sache mit der Minderheit auch. Natürlich muss klar getrennt werden zwischen den Menschen, die sich anders fühlen als die Biologie und der Mehrheit. Also: Hier werden Trennlinien gezogen um Menschen in unterschiedliche Lager einzuteilen.

"In den meisten Fällen, bei der sogenannten Cis-Mehrheit, formieren Personen ihre Geschlechtsidentität übereinstimmend zum biologischen Geschlecht."

Gut ist es, wenn dann ein Zitat eingebaut wird, von irgendwelchen Experten. Am Besten welche, die dann als Experten in eigener Sache benannt werden können. Es wird sich bestimmt irgendwer finden, der dann für die abgetrennte Gruppe dann klar macht: Wir sind die anderen! Das Transgender Team Austria weiss mehr:

"Man muss zwischen dem zytogenetischen, d.h. biologischen, und dem gefühlten Geschlecht unterscheiden. Hinsichtlich der Genetik werden Männer immer Männer bleiben, auch wenn sie sich für geschlechtsanpassende Maßnahmen, bzw. eine Geschlechtsumwandlung, entscheiden."

Wichtig ist natürlich, die Dinge schön zu vermischen. Wer das biologische Geschlecht - wie unser Autor - definieren will, um Menschen in Gruppen zu teilen, muss natürlich sagen, dass "Transsexualität", "Transidentitär" und "Transgender" dasselbe seien. Ist die Öffentlichkeit erst einmal der Ansicht, dass alle drei Begriffe irgendwas mit "Geschlechtsidentität" meinen, dann werden Menschen, die wissen, dass Transsexualität sich auf den Körper bezieht immer erst in aufwändige Begriffsdiskussionen verwickelt.

"Es gibt drei Begriffe, die dieses Phänomen beschreiben. In der klassischen Medizin wird das Wort Transsexualität verwendet, welches aus dem Englischen Ende der 70-er Jahre übersetzt wurde. Allerdings wurde damals nicht beachtet, dass das Wort 'Sex' im Englischen mehrere Bedeutungen hat (Geschlecht, Geschlechtsverkehr, usw.)"

Der Autor hat nun Verständnis für diese kleine von den anderen Menschen abgetrennte Gruppe, die sich nicht wie ihr biologisches Geschlecht empfindet, weiss aber, dass dieser Gruppe nur dann geholfen werden kann, wenn jemand eine Diagnose vergibt. Am Besten eine, aus der klar hervorgeht, dass es hier um das "gefühlte Geschlecht" oder "Geschlechtsidentität" geht. Schliesslich muss die Logik ja aufgehen und wer Geschlecht definieren will, der sichert sich am Besten noch durch medizinisch-psychiatrische Institutionen ab.

"Bevor eine Person allerdings die dafür notwendige Therapie überhaupt beginnen darf, ist in Österreich eine eindeutige Diagnose erforderlich. "Dafür benötigt man insgesamt drei medizinische Stellungnahmen, das eines Psychotherapeuten, eines Psychiaters und einen Gesundheitscheck."

Es ist natürlich auch wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Äusserung von Menschen über ihr Geschlecht keine Äusserung über ihr Geschlecht ist. Neben dem Hinweis auf "Biologie" ist auch gut, von Wünschen zu sprechen. Der Autor verbindet das dann zusätzlich mit seiner Vorstellung, wie sich Menschen analog gewisser Geschlechter zu verhalten haben:

"Der Weg in Richtung gewünschtes Geschlecht endet jedoch nicht mit den psychischen und psychischen Veränderungen bzw. Therapien."

So weit die Analyse der ersten Seite des österreichischen Artikels. Es finden sich alle Methoden der Unsichtbarmachung transsexueller Menschen darin wieder: Die Rede vom "biologischen Geschlecht", das Erfinden einer von der Mehrheitsgesellschaft abgetrennten Menschengruppe ("Community"), die Beschreibung dieser Community als eine Art geheime Parallelgesellschaft, die Verknüpfung der Argumente mit Experten (am Besten mit welchen, die so verkauft werden, als seien sie Experten in eigener Sache), der Legitmation der Ausgrenzung mit Hinweisen auf die Psychomedizin und dementsprechenden Diagnosen und Gesetzen.

Wir warten ja schon ziemlich lange darauf, dass mal darüber ein Diskurs stattfindet, mit was wir es eigentlich zu tun haben. Geht es wirklich um die paar Menschen, die hier als die "Anderen" konstruiert werden? Unserer Ansicht nach: Nein. Es geht darum, Geschlecht zu definieren. Und zwar für alle Menschen. Es geht um Geschlechtermacht. Macht über Körper. Und Macht über Rollen.

Link zum Artikel

Unsichtbarmachung im Namen der Toleranz: Baden-Württemberg

Als im Novermber 2018 in Baden-Württemberg eine sogenannte "Landesantidismiminierunsstelle" eröffnet wurde, schwante uns nichts Gutes - erinnerten wir uns doch an die (A)DS des Bundes, die Transsexualität mittlereile abgeschafft hat, und ganz im Sinne der neuen medizinisch-psychiatrischen Leitlinien nur noch "Transmenschen" kennt, die sich mit einem anderen sozialen Geschlecht identifizieren. Und tatsächlich fand sich die institutionalisierte Unsichtbarmachung dann auch gleich auf der dazu gehörigen Website.

Auf der Website der neuen Diskriminierungsstelle in Baden-Württemberg heisst es:

"Auch intersexuelle Menschen und Trans-Menschen werden geschützt. Intersexuelle Menschen lassen sich körperlich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen. Trans-Menschen bezeichnet Menschen, die sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde."
(Quelle:https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/LADS_Broschuere_2018.pdf)

Die Fremdbestimmungslogik ist in der Regel gegeben, wenn Menschen mit uneindeutigen(!) körperlichen Merkmalen (über das "deutig" in "uneindeutig" darf gerne nachgedacht werden) "inter*" genannt werden und dann, wenn Menschen sich anders zu ihrem Geschlecht äussern, als ihre Genitalien, diese Menschen dann als "trans*" bezeichnet werden und ihnen eine spezielle geschlechtliche Identifikation unterstellt wird. Zu der Sache mit dem "uneindeutigen" Geschlecht gesellt sich nun ein "zuordnen lassen". Genau darum geht es dann wohl.

Das ist geschlechtliche Fremdbestimmung!

Was aber haben diese transsexuellen Menschen nun schon wieder? Ganz einfach: Transsexualität meint, dass ein Mensch - unabhängig seiner Identität - ein Wissen darüber hat, dass körperliche Merkmale vom eigenen Geschlecht abweichen. Es ist wirklich wichtig, sich das klar zu machen: Transsexualität ist unabhängig der sogenannten geschlechtlichen Identität (die als "gender identity" im Englischen klarer macht, dass es um soziale Identifikation geht - denn "gender" ist das soziale Geschlecht).

Menschen mit Transsexualität können sich als dieses oder jenes identifizieren... das ändert aber nichts daran, dass es eines gibt, was sie gemeinsam haben: Sie wissen, dass ihr Körper nicht ihrem Geschlecht entspricht. Und sie suchen dann medizinische Hilfe auf. Und genau da schliesst sich dann der Kreis der Fremdbestimmung: Wenn nun diese Hilfe abhängig davon gemacht wird, wie sich ein Mensch denn identifiziert, dann haben wir es mit geschlechtlicher Fremdbestimmung zu tun.

Aber warum wird denn überhaupt geschlechtlich fremdbetsimmt?

Es geht nicht um die wenigen Menschen, die hier Hilfe ersuchen. Es geht - so unsere Vermutung - vielmehr darum, ein Menschenbild aufrecht zu erhalten, das aus Genitalien dann die Rollen von Menschen ableitet. Wenn nämlich Genitalien zum "biologischen Geschlecht" gemacht werden und dann darauf aufbauend von "Geschlechtsidentität" gesprochen wird (die dann auch abweichen kann) meint das in der Regel, dass Genitalien Identitäten eingeschrieben werden. Und wer von "trans*" und "inter*" spricht und diese Worte so definiert, wie der Text der Diskriminierungsstelle des Landes Baden-Württemberg, der will genau das: Menschen anhand ihrer Genitalien in Kategorien einteilen.

Leider konnte sich so eine Logik auch deswegen wieder verbeiten, da auch Menschen, die dem LSBTTIQ-Spektrum angehören, diese Weltanschauung vertreten. Uns sind in den letzten Jahren zahlreiche Lesben, Schwule und auch Transvestiten begegnet, die damit kein Problem haben, wenn die Genitalien als das biologische Geschlecht gleichgesetzt werden oder auch in Ordnung finden, bestimmte soziale Geschlechterrollen zu spielen (was manche dann "gender expression" nennen). Es war in den letzten Jahren die gefühlte Mehrheit. Und Mehrheiten führen zu politischen Institutionen. Und diese Institutionen werden dann ganz im Sinne genitaler und medizinisch-psychiatrischer Logik weiter daran interessiert sein, geschlechtlich zuzuteilen ("zuteilen"? Siehe: Zitat der LADS).

Angesichts dessen, dass nun in Baden-Württemberg nun auch Menschen mit Transsexualität in staatlichen Dokumenten unsichtbar gemacht werden - etwas, was wir nicht erhofft hatten, da ja immerhin so etwas wie LSBBTIQ in Baden-Württemberg besteht und das zweite T da nicht zufällig steht - müssen wir nun leider Baden-Württemberg als Land ansehen, in denen geschlechtliche Fremdbestimmung möglich ist.

Uns bleibt dann nichts anderes übrig, als auf solche Entwicklungen hinzuweisen und dafür einzutreten, dass diese Fremdbestimmung beendet wird. Gleichberechtigung entsteht nicht durch geschlechtliche Kategorisierung, sondern durch einen universalistischen Blick auf Geschlecht im Sinne der Menschenrechte.

Wir sind ein Menschenrechtsverein.