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LSBTTIQ bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Auf der Seite der Antidiskriminierungsstelle des Bundes finden wir eine Broschüre mit dem Titel "LSBTTIQ*: Vielfalt als Stärke – Vielfalt als Herausforderung! Dokumentation der Fachtagung im Tagungswerk Jerusalemkirche, Berlin am 12. September 2017". Das klingt schon mal gut. Wir haben in die Broschüre hingeschaut, einiges gefunden, was wir gut finden - aber manches, wozu wir dann (wieder mal) fragen müssen: Wann geht es auch mal um Transsexualität in Berlin? Wir würden uns wirklich gerne mal darüber unterhalten, wie das ist, wenn körperliche Fragen immer mit "Geschlechtsidentität" in Verbindung gebracht werden, obwohl es das gar nicht müsste.
 
Hier Ausschnitte aus der Broschüre:
 
"Nach den beiden Impulsreferaten meldete sich eine Person aus dem Publikum zu Wort und hinterfragte Begrifflichkeiten wie „TransMann“. Dies impliziere, dass Trans-Männer keine „normalen“ Männer seien. Daraufhin erwiderte Scheunemann, dass genauso auch von „Cis­Männern“ gesprochen werden könne, um diese Distinktion klarzumachen, ohne das „Normale“ zu reproduzieren. Eine weitere teilnehmende Person argumentierte, dass die Benennung von Unterschieden diskursstiftend sei."
 
Welchen Diskurs soll das stiften, wenn ein Mensch einen anderen Menschen mit einem Begriff belegt, der Grenzen erzeugt?
 
"Die einzige Erwartung, die beim Coming­Out oder einer Transition an Cis­Personen innerhalb und außerhalb der Community gestellt würde, sei ein Respektieren der Geschlechtsidentität einer Person und adäquates Verwenden der korrekten Pronomen auf Basis der Geschlechtsidentität einer Person."
 
Nein. Zumindest wenn es um Transsexualität geht, kann das nicht so stehen bleiben. Da geht es nämlich häufig genug darum, dass Menschen nicht anerkennen können, dass bei körperlichen Fragestellungen eben genau NICHT um "Geschlechtsidentität" geht, sondern schlicht weg einfach nur um körperliche Fragestellungen.
 
Tipp: Wenn schon LSBTTIQ genannt wird von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), dann wäre es auch gut, sich mit denen kurz zu schliessen, die Transsexualität nicht als Geschlechtsidentitätsthema ansehen und ausführen können, warum.
 
Eine Möglichkeit wäre: Die Kontaktdaten auf unserer Website zu nutzen. :-)
 
 
 

Warum "Geschlechtsidentität" die Anerkennung von Transsexualität verhindern kann

Wir haben einen Text gefunden. Er stammt von Michael Drogand-Strud, dem Vorstand der BAG Jungenarbeit und LAG Jungenarbeit in NRW. Es ist ein Text der gut geeignet ist, um zu verdeutlichen, warum "Geschlechtsidentität" (und in Folge auch "Trans*") ein Mittel sein kann, um Transsexualität nicht anerkennen zu müssen.

"Jungen wie Mädchen werden entsprechend des biologischen Geschlechts mit bestimmten Erwartungen konfrontiert, sich gemäß einer „weiblichen“ oder „männlichen Norm zu verhalten. [...] Ein differenzierter Blick auf Jungen und Mädchen verdeutlicht, dass nicht von dem  Jungen bzw. dem  Mädchen gesprochen werden kann , dass Jungen und  Mädchen keine in sich geschlossenen homogenen Gruppen bilden , sondern sich in den Gruppen sehr voneinander unterscheiden. Anders gesagt, findet man weder bei Mädchen noch bei Jungen starre Muster von „Weiblichkeit“ oder „Männlichkeit“, sondern widersprüchliche und ungefestigte geschlechtstypische Identitäten, die sich individu ell äußern. Jedoch lässt sich neben der Differenz und Vielfältigkeit auch eine Gleichheit innerhalb der Differenz nachweisen , die sich durch ähnliche Muster in den  Sozialisationsbedingungen und Lebenslagen zeigen."
(Quelle: Grundlagen geschlechtsbezogener Pädagogik, Von Michael Drogand-Strud)  

Mit "Geschlechtsidentität" ist in dem Text gemeint, dass diese vom biologischen Geschlecht abweiche und nicht alle biologischen Jungs und Mädchen, sich auch analog ihrer biologischen Geschlechtes identifizierten. Der Text ist deswegen interessant, da er zeigt, wie "Geschlechtsidentität" in der Praxis verstanden wird. "Geschlechtsidentität" meint nicht das Geschlecht, sondern eine Abweichung der Identität zum Geschlecht.

Diese Sichtweise ist für Menschen mit Transsexualität fatal. Denn sie macht aus dem Wissen über das eigene Geschlecht und einer Aussage wie "ich bin eine Mädchen" eine Aussage eines Menschen, der nach Definition kein Mädchen ist, aber sich so äussert. Dies wird dann gerne auch als "Trans*" oder "Trans*identität" bezeichnet.

Es ist leider so, dass analog dieser Weltanschauung nicht in Betracht gezogen wird, dass die Aussagen von Menschen über ihr Geschlecht stimmen können. Genau DAS kritisieren wir seit es uns gibt. Genau wegen dieser übergriffigen geschlechter-deutenden Weltanschauung hatte sich ATME gegründet. Um klar zu machen, dass Menschen sehrwohl ein Wissen über ihr Geschlecht(!) haben und dieses Wissen ernst zu nehmen ist. Dies ist hier nicht der Fall. "Geschlechtsidentität" wird als Werkzeug genutzt, um das Wissen, das Menschen über ihr Geschlecht haben, zu werten und einer biologistischen Weltsicht unterzuordnen.

Zur Zeit wird ja gerne über Beratungsangebote für "Trans*menschen" gesprochen und wie wichtig diese seien. Wir möchten uns nicht ausmalen, was es für Menschen mit Transsexualität bedeuten kann, wenn diese analog der Weltsicht stattfindet, die aus Aussagen über ein Geschlecht dann Aussagen über die "Geschlechtsidentität" macht. Ehrlich gesagt entspricht das nämich genau der Idee von John Money und einer gender-deutenden Diagnostik.

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