Die Natur liebt Vielfalt - die Gesellschaft hasst sie
Von Dr. Milton Diamond, einem Geschlechterforscher stammt der Satz "Nature Loves Variety – Unfortunately Society Hates it". Er untersuchte Variationen des Geschlechts und war sich auch sicher, dass Menschen mit geschlechtlichen Merkmalen geboren werden, die vom eigentlichen Geschlecht des Menschen abweichen.
Der erste Teil des Satzes bezieht sich auf seine Forschung - und die Forschung anderer Wissenschaftler. Wer die Natur beobachtet stellt fest, dass diese immer Abweichungen von der Regel hervorbringt. Dazu gehört auch das Geschlecht von Lebewesen. Manchmal kommt es bei der geschlechtlichen Entwicklung zu Variationen. Die Variationen mögen zwar Ausnahmen sein, sind aber dennoch existent. Manchmal entspricht der Chromosomensatz von Menschen nicht der genitalen Entwicklung, manchmal entwickeln sich Genitalien alles andere als eindeutig, mal entwickeln sich die Körpermerkmale so, dass die einen mehr weiblich und die anderen hingegen eher eine männliche Entwicklung einschlagen.
Man könnte auch sagen: Das biologische Geschlecht - der SEXUS - des Menschen kennt zwar "weibliche" und "männliche" Extreme, wie diese sich entwickeln hängt aber von vielerlei Faktoren ab.
Der zweite Teil des Satzes bezieht sich auf die Gesellschaft. Menschen lieben es, die Dinge sortieren und einzuteilen, um sich die Welt besser begreifbar zu machen. Und das machen sie auch beim Thema Geschlecht. Ein Mediziner schaut bei einem Neugeborenen, welcher Kategorie Menschen das Kind denn nach Augenschein zugeordnet werden soll. Die sozialen Kategorien heissen dann nicht etwa "weiblich" oder "männlich", sondern "Junge" und "Mädchen", später - bei erwachsenen Menschen - "Mann" oder "Frau".
Das Einteilen von Menschen in soziale Geschlechter-Kategorien ist GENDERN.
Kommen nun Menschen auf die Welt, deren SEXUS nicht ganz dem GENDER entspricht, wird in vielen Kulturen dieser Welt künstlich nachgeholfen. Es gibt die Praxis der Kiltorisamputation in manchen Naturvölkern, die Beschneidung, usw. D.h. Menschen sorgen dafür, dass der Körper eines Menschen sich so entwickelt, dass den GENDER-Vorstellungen einer Gesellschaft entspricht.
Offenbar ist es so, dass Menschen, die nun meinen, dass sie völlig Ordnung sind, wie sie sind, immer dann Probleme bekommen, wenn es in einer Gesellschaft starke GENDER-Vorstellungen - also strikte Kategorisierungen von Geschlecht - gibt. In solchen Gesellschaften ist es weit verbreitet, dass die GENDER-Vorstellungen mit der "Biologie" begründet werden. In der "Biologie" gäbe es nur "Mann" oder "Frau" ist eine solche Aussage, die nichts mit der Biologie an sich zu tun hat.
Weitere Aussagen sind, Männer könnten keine Kinder gebären. Da "Mann" eine soziale Bezeichnung für einen Menschen ist, ist diese Aussage bereits logisch falsch. Dass sie auch biologisch falsch sein muss, leuchtet ein, wenn man um die Variationen von Geschlecht kennt, die in der Natur vorkommen.
Nun könnte man auf die Idee kommen zu sagen: "Puh'. Das ist alles ziemlich kompliziert." und die Frage stellen, wie man sich denn da zurecht finden soll. Hier eine einfache Antwort: Man hört einfach zu, was ein Mensch über sich selbst sagt. Wer in der Lage ist seinem Gegenüber abzunehmen, dass dieses die Wahrheit über sich äussert, ist einen gewaltigen Schritt weiter gekommen. Wer meint, dass eine Gesellschaft hingegen aus Zuweisungen und Zuordnungen bestehen muss, bei denen die Einen über die Anderen bestimmen, der wird halt auf seiner autoritären Rille hängen bleiben müssen, um klar zu kommen.