EU-Parlament fordert ein Ende der Pathologisierung transsexueller Menschen und eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes

Auch das europäische Parlament hat nun in seiner Resolution 2011/2069(INI) die WHO dazu aufgefordert, transsexuelle Menschen nicht länger als krank einzustufen. In der Resolution "fordert [das europäische Parlament] die Kommission und die Weltgesundheitsorganisation auf, [...] [Transsexualität] von der Liste der psychischen und Verhaltensstörungen zu streichen und in den Verhandlungen über die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) eine nicht pathologisierende Neueinstufung sicherzustellen". Außerdem schreibt das Parlament, dass es "missbilligt, dass transsexuelle Menschen in vielen Mitgliedstaaten noch immer als psychisch krank betrachtet werden; [das Europäische Parlament] fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtliche Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit auf der Grundlage des argentinischen Modells einzuführen oder zu überarbeiten"

Dass dieser Entschluss gerade jetzt gefällt wird, parallel zur Kampagne zur Abschaffung von Transsexualität als psychische Störung auf change.org, ist sicherlich kein Zufall. "Yo no estoy enferma. De hecho estoy estupenda." "Non sono malata. In realtà sto benissimo." "I'm not sick. In fact I’m great!" "Ich bin nicht krank, ich bin großartig." So lauten die Überschriften der wortgleichen Petitionen aus Spanien, Italien, Kanada und Deutschland. Da kann ja kaum noch jemand behaupten, er hätte die Botschaft nicht verstanden. Man kann sie immer noch unterstützen, auf www.change.org/who und der EU zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg ist.

Wir begrüßen diese Resolution außerordentlich, enthält sie doch viele Forderungen, die auch ATME immer wieder betont, wie die Notwendigkeit der Abänderung des Artikels 3 des Grundgesetzes um einen "umfassenden Schutz vor Diskriminierung aus jedweden Gründen" (Punkt 50 der Resolution) zu gewährleisten. Artikel 3 des Grundgesetzes sollte also wie folgt abgeändert werden: "(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder aus sonstigen Gründen benachteiligt oder bevorzugt werden."

Auch die Forderung, transsexuelle Menschen nicht als unvermittelbar zu behandeln, sondern ihnen gleiche Chancen am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist in der Resolution des europäischen Parlaments enthalten (Nr. 96).

Des weiteren fordert das europäische Parlament "die Mitgliedstaaten auf, Fremdenfeindlichkeit [...] einschließlich der Hassrede, zu verfolgen; [das europäische Parlament] fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass auf Vorurteilen beruhende Straftaten, wie diejenigen mit [...] homophober oder transphobischer Absicht, [...] strafbar sind, und diese Straftaten ordnungsgemäß registriert und effektiv untersucht, die Straftäter verfolgt und bestraft werden und ihren Opfern ordnungsgemäße Unterstützung, Schutz und Entschädigung angeboten wird". Weiterhin fordert es in diesem Zusammenhang "die Mitgliedstaaten auf, einen nationalen Rechtsrahmen anzunehmen, um gegen Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und transsexuellen Menschen [...] vorzugehen".

Bisher hat sich Deutschland gegen so ziemlich jeden Beschluss des europäischen Parlaments, der entfernt mit Menschenrechten zu tun hatte, gewehrt und sich geweigert, diese Beschlüsse um zu setzen. Das Europabewusstsein - wie auch das Bewusstsein für Unrecht und Menschenrechte - zeigt sich bislang in Deutschland - so lange es keine finanziellen Vorteile bringt - als nur bedingt vorhanden. Es ist zu befürchten, dass dies auch weiterhin unter einer CDU-Regierung der Fall sein wird. So kam auch der heftigste Widerstand gegen die genannte Resolution aus den Reihen der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP-Fraktion), die in ihrer Pressemitteilung verlauten ließen: "Der Versuch der Linken, Grund- und Menschenrechtsfragen politisch zu instrumentalisieren, ist nicht akzeptabel. Es ist ein trauriges Bild, dass die linken Fraktionen nicht bereit sind, mit der größten Fraktion im Europäischen Parlament einen Konsens zu finden." Dass dieser Konsens wahrscheinlich aus der Streichung der Grundrechte homosexueller und transsexueller Menschen bestanden hätte, können wir uns sehr gut vorstellen, nachdem sich die CDU mehrheitlich gegen gleiche Rechte für homosexuelle Menschen/Paare in Deutschland ausgesprochen hatte. So lässt die EVP-Fraktion verbreiten: "Der heute angenommene Bericht geht über die Charta und den Lissabon-Vertrag hinaus und missachtet die grundlegenden Werte und Traditionen der Länder und ihre Verfassungen."

Wir begrüßen die "Missachtung der grundlegenden Werte", wie Homophobie und Transphobie, hin zu Menschenrechten und einem verbesserten Schutz der Minderheiten in der EU und betonen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, "dass die Grundsätze der Menschenwürde und der Gleichheit vor dem Gesetz die Grundlagen demokratischer Gesellschaften sind; [zudem] bedauert [das europäische Parlament, wie auch ATME] die derzeitige Blockade [Deutschlands] der Verhandlungen im Rat über den Vorschlag der Kommission für eine horizontale Richtlinie zur Ausweitung des umfassenden Schutzes vor Diskriminierung aus jedweden Gründen".

Doch diesen umfassenden Schutz vor Diskriminierung wird es erst geben, wenn das Bewusstsein für Menschenrechte und begangenes Unrecht auch in Deutschland erwacht und Deutschland endlich einmal anfängt, internationale Abkommen einzuhalten und sich an diese gebunden zu fühlen. So wäre Deutschland bereits durch die Ratifizierung des UN-Sozialpaktes und des UN-Zivilpaktes (am 17. Dez. 1973!) gezwungen gewesen, einen umfassenden Diskriminierungsschutz einzuführen. Fast 40 Jahre später ist noch nichts geschehen, die Inhalte dieser Pakte wurden nur geringfügig in das deutsche Rechtssystem übernommen und auf eine breite Menschenrechtsbildung an Schulen, oder bei der Ausbildung der Richter und Staatsanwälte, verzichtete man großzügig. Die Vereinten Nationen mahnen dies schon traditionell jährlich an, und traditionell wird abgelehnt.

Umso wichtiger ist es "grundlegende Werte und Traditionen" der Missachtung zu missachten, um endlich auch in Deutschland einen umfassenden Menschenrechtsschutz zu gewährleisten um um transsexuellen Menschen ein von Vorurteilen freies Leben zu ermöglichen.

Danke, Europäisches Parlament!


Links:
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2012 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010–2011) (2011/2069(INI))
Petition auf Change.org
das argentinische Gesetz (Google-Übersetzung)
Stellungnahme von ATME an die WHO

 

Auch das europäische Parlament hat nun in seiner Resolution 2011/2069(INI) die WHO dazu aufgefordert, transsexuelle Menschen nicht länger als krank einzustufen. In der Resolution "fordert [das europäische Parlament] die Kommission und die Weltgesundheitsorganisation auf, [...] [Transsexualität] von der Liste der psychischen und Verhaltensstörungen zu streichen und in den Verhandlungen über die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) eine nicht pathologisierende Neueinstufung sicherzustellen". Außerdem schreibt das Parlament, dass es "missbilligt, dass transsexuelle Menschen in vielen Mitgliedstaaten noch immer als psychisch krank betrachtet werden; [das Europäische Parlament] fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtliche Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit auf der Grundlage des argentinischen Modells einzuführen oder zu überarbeiten"

Dass dieser Entschluss gerade jetzt gefällt wird, parallel zur Kampagne zur Abschaffung von Transsexualität als psychische Störung auf change.org, ist sicherlich kein Zufall. "Yo no estoy enferma. De hecho estoy estupenda." "Non sono malata. In realtà sto benissimo." "I'm not sick. In fact I’m great!" "Ich bin nicht krank, ich bin großartig." So lauten die Überschriften der wortgleichen Petitionen aus Spanien, Italien, Kanada und Deutschland. Da kann ja kaum noch jemand behaupten, er hätte die Botschaft nicht verstanden. Man kann sie immer noch unterstützen, auf www.change.org/who und der EU zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg ist.

Wir begrüßen diese Resolution außerordentlich, enthält sie doch viele Forderungen, die auch ATME immer wieder betont, wie die Notwendigkeit der Abänderung des Artikels 3 des Grundgesetzes um einen "umfassenden Schutz vor Diskriminierung aus jedweden Gründen" (Punkt 50 der Resolution) zu gewährleisten. Artikel 3 des Grundgesetzes sollte also wie folgt abgeändert werden: "(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder aus sonstigen Gründen benachteiligt oder bevorzugt werden."

Auch die Forderung, transsexuelle Menschen nicht als unvermittelbar zu behandeln, sondern ihnen gleiche Chancen am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist in der Resolution des europäischen Parlaments enthalten (Nr. 96).

Des weiteren fordert das europäische Parlament "die Mitgliedstaaten auf, Fremdenfeindlichkeit [...] einschließlich der Hassrede, zu verfolgen; [das europäische Parlament] fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass auf Vorurteilen beruhende Straftaten, wie diejenigen mit [...] homophober oder transphobischer Absicht, [...] strafbar sind, und diese Straftaten ordnungsgemäß registriert und effektiv untersucht, die Straftäter verfolgt und bestraft werden und ihren Opfern ordnungsgemäße Unterstützung, Schutz und Entschädigung angeboten wird".

Weiterhin fort es in diesem Zusammenhang "die Mitgliedstaaten auf, einen nationalen Rechtsrahmen anzunehmen, um gegen Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und transsexuellen Menschen [...] vorzugehen".

Bisher hat sich Deutschland gegen so ziemlich jeden Beschluss des europäischen Parlaments, der entfernt mit Menschenrechten zu tun hatte, gewehrt und sich geweigert, diese Beschlüsse um zu setzen. Das Europabewusstsein - wie auch das Bewusstsein für Unrecht und Menschenrechte - zeigt sich bislang in Deutschland - so lange es keine finanziellen Vorteile bringt - als nur bedingt vorhanden. Es ist zu befürchten, dass dies auch weiterhin unter einer CDU-Regierung der Fall sein wird. So kam auch der heftigste Widerstand gegen die genannte Resolution aus den Reihen der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP-Fraktion), die in ihrer Pressemitteilung verlauten ließen: "Der Versuch der Linken, Grund- und Menschenrechtsfragen politisch zu instrumentalisieren, ist nicht akzeptabel. Es ist ein trauriges Bild, dass die linken Fraktionen nicht bereit sind, mit der größten Fraktion im Europäischen Parlament einen Konsens zu finden." Dass dieser Konsens wahrscheinlich aus der Streichung der Grundrechte homosexueller und transsexueller Menschen bestanden hätte, können wir uns sehr gut vorstellen, nachdem sich die CDU mehrheitlich gegen gleiche Rechte für homosexuelle Menschen/Paare in Deutschland ausgesprochen hatte. So lässt die EVP-Fraktion verbreiten: "Der heute angenommene Bericht geht über die Charta und den Lissabon-Vertrag hinaus und missachtet die grundlegenden Werte und Traditionen der Länder und ihre Verfassungen."

Wir begrüßen die "Missachtung der grundlegenden Werte", wie Homophobie und Transphobie, hin zu Menschenrechten und einem verbesserten Schutz der Minderheiten in der EU und betonen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, "dass die Grundsätze der Menschenwürde und der Gleichheit vor dem Gesetz die Grundlagen demokratischer Gesellschaften sind; [zudem] bedauert [das europäische Parlament, wie auch ATME] die derzeitige Blockade [Deutschlands] der Verhandlungen im Rat über den Vorschlag der Kommission für eine horizontale Richtlinie zur Ausweitung des umfassenden Schutzes vor Diskriminierung aus jedweden Gründen".

Doch diesen umfassenden Schutz vor Diskriminierung wird es erst geben, wenn das Bewusstsein für Menschenrechte und begangenes Unrecht auch in Deutschland erwacht und Deutschland endlich einmal anfängt, internationale Abkommen einzuhalten und sich an diese gebunden zu fühlen. So wäre Deutschland bereits durch die Ratifizierung des UN-Sozialpaktes und des UN-Zivilpaktes (am 17. Dez. 1973!) gezwungen gewesen, einen umfassenden Diskriminierungsschutz einzuführen. Fast 40 Jahre später ist noch nichts geschehen, die Inhalte dieser Pakte wurden nur geringfügig in das deutsche Rechtssystem übernommen und auf eine breite Menschenrechtsbildung an Schulen, oder bei der Ausbildung der Richter und Staatsanwälte, verzichtete man großzügig. Die Vereinten Nationen mahnen dies schon traditionell jährlich an, und traditionell wird abgelehnt.

Umso wichtiger ist es "grundlegende Werte und Traditionen" der Missachtung zu missachten, um endlich auch in Deutschland einen umfassenden Menschenrechtsschutz zu gewährleisten.

Danke, Europäische Parlament!