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"Transgeschlechtlichkeit" und "Transsexualität". Der Unterschied.

An: Deutsches Institut für Menschenrechte

Sehr geehrte Damen und Herren,

in einer aktuellen Veröffentlichung schreiben Sie von "transgeschlechtlicher/ transsexueller Menschen". Wir möchten Sie fragen, warum Sie das tun und ob ihnen klar ist, was der weltanschauliche Unterschied zwischen "transgeschlechtlich" und "transsexuell" ist.

Menschen, die wissen, dass ihr Körper von ihrem Geschlecht abweicht, beschreiben ihre körperliche Abweichung als "transsexuell". Sie gehen zum Arzt, damit dieser Ihnen Hormone verschreibt oder ihnen eine Operation ermöglicht wird. Menschen die medizinische Hilfe suchen haben aber nicht immer eine gleiche Auffassung über ihr eigenes Geschlecht. Die einen verstehen sich klar als "Frau "oder "Mann" (mit abweichendem Körper), andere hingegen verstehen sich als zwischen den Geschlechtern stehend, weitere als "non-binär". Es gibt Menschen mit diesem Körperthema, die für sich das Thema der "geschlechtlichen Identität" passend finden, andere - und dazu gehören wir - lehnen "Geschlechtsidentität" ab, da wir die Konstruktion geschlechtlicher Identitäten nicht als emanzipativ, sondern als anti-emanzipativ begreifen.

Diese unterschiedlichen Auffassungen von Geschlecht ändern nichts daran, dass die Menschen, die diese unterschiedlichen Auffassungen besitzen, bei einem Mediziner vorstellig werden, und dort wegen ihres Körperthemas Hilfe aufsuchen. Die Gemeinsamkeit ist also ein körperliches Thema. Dieses ist unabhängig von Identität oder der Konstruktion geschlechtlicher Schubladen vorhanden. In unseren Menschenrechtsberichten haben wir bereits desöfteren ausgeführt, dass Menschen, die körperliche Hilfe aufsuchen es als übergriffig erleben, wenn sie anstatt eine direkte medizinische Hilfe auf Grund ihrer körperlichen Thematik zu erhalten, sich Fragen zu ihrem Sexualleben, ihren sexuellen Präferenzen in der Kindheit, ihren Spielzeugvorlieben, Hobbys oder ihrem familiären Umfeld als Vorbedingung für eine medizinische Behandlung gefallen lassen müssen. Oder vereinfacht: Menschen mit Transsexualität wünschen sich eine gute medizinische Behandlung, ohne dass hier geschlechtliche Deutung (und diese hat immer mit Interpretationen über eine "Geschlechtsidentität" zu tun), vorgenommen wird.

Das Wort "transgeschlechtlich" ist nicht unabhängig von der Idee geschlechtlicher Identitäten zu verstehen. Ein "Transgeschlecht" ist der Logik des Wortes nach ein Geschlecht, das in Abgrenzung zu anderen sozialen Geschlechtern wie "Mann", "Frau" oder weiteren Geschlechtern wie "Intergeschlecht" verstanden wird und in der Praxis so auch Verwendung findet. Wenn in Kontexten, in denen es um Geschlecht geht, von unterschiedlichen Geschlechtern gesprochen wird, die für sich als homogen - also gleichförmig - behauptet werden, aber gleichzeitig abgrenzbar von anderen Geschlechtern, dann ist die Basis dafür immer Biologismus. Dieser Biologismus geht auf die Idee zurück, dass es einerseits messbare klare Unterschied zwischen unterschiedlichen Geschlechtern gibt und andererseits gleichzeitig Menschen ermöglicht werden soll, sich aber anders als diese als "biologisch" behaupteten Merkmale zu fühlen. Dieses Gefühl wurde dann "Geschlechtsidentität" genannt.

Wenn also jemand von "transgeschlechtlich" spricht, dann geht die Weltanschauung dieses Begriffes auf eine biologistische, nicht-emanzipative Weltanschauung zurück. "transsexuell" hingegen meint lediglich eine vom eigenen Geschlecht abweichende Körperlichkeit und ermöglich einem Menschen selbst zu sagen, wer oder was dieser ist bzw. (für diejenigen, die an die Idee der "Geschlechtsidentitäten" glauben wollen) oder wie er sich empfindet.

Wir möchten Sie darum bitten, in Zukunft in ihrer Sprache zu ermöglichen, dass Menschen über ihren Körper sprechen können und keine sprachlichen geschlechtlichen Fremdzuteilungen mehr stattfinden. Es muss möglich sein, dass Menschen unabhängig von Identität Worte zu Verfügung haben, um ihr Körperthema zu thematisieren. Die Geschichte der Unsichtbarmachung dieses Themas ist zwar lang, aber wir sind uns sicher, dass damit auch einmal aufgehört werden kann. Wenn Menschenrechte ernst genommen werden, sollte das auch keine Schwierigkeit machen.

Zudem möchten wir Sie bitten diese Mail an die zuständigen Personen in ihrem Haus weiterzuleiten.

Mit freundlichen Grüssen,

Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V.