Die schwule Definitionshoheit
Wir haben einen Artikel im Netz gefunden, der ziemlich gut zeigt, was in der LSBTTIQ-Community falsch läuft, wer warum wen fremdbestimmt und wo die Idee einer "Geschlechtsidentität" herkommt. Unter der Überschrift "Schwule sind keine richtigen Männer", heisst es auf der website respektcheck, dass Lesben und Schwule vielfältige Menschen seien, die vielfältige Geschlechterrollen und geschlechtliche Identitäten lebten. Diese Identitäten werden mit folgenden Fragen bebildert:
"Und wer bestimmt eigentlich, was so ein richtiger Mann oder eine richtige Frau ist? Macht eine bestimmte Haarlänge weiblich oder eine bestimmte Muskulatur männlich?"
Im Anschluss wird dann dafür plädiert auch "Lesben, Schwulen und Trans*" zu akzeptieren, die nicht den geltenden Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit entsprechen um dann am Ende des Artikels wieder klar zu machen, dass es um "Homosexualität" geht.
Dieser Text bildet folgende Hierarchie:
1. Schwule
2. Lesben (als Teil von "Schwule")
3. Trans* (als Teil von "Lesben" und "Schwule")
Lesben und Trans* werden jeweils als Unterkategorien von Schwulen angesehen. Unter "Trans*" wird die Abweichung von Weiblichkeit und Männlichkeit verstanden, um dann das quasi-Fazit zu ziehen, dass Du trotz einer Abweichung ein "richtiger Mann" sein kannst (das war ja der Eingangskonflikt, der hier skizziert wurde).
Aus dieser Perspektive können wir dann auch nachvollziehen, warum jemand das Genital mit "Geschlecht" gleichsetzt und von abweichenden "Geschlechtsidentitäten" spricht. Die Sache mit den abweichenden Geschlechtsidentitäten ermöglicht zu sagen "ich habe einen Penis, also bin ich ein Mann" oder "ich habe keinen Penis, also bin ich eine Frau", aber zugleich andere geschlechtliche Vorlieben zu haben... zum Beispiel Menschen zu lieben, die körperlich ähnlich gebaut sind oder Interesse für Dinge zu zeigen, die in der Gesellschaft, als nicht typisch männlich oder nicht typisch weiblich gelten.
Wir haben ja schon mal gesagt, dass "Geschlechtsidentität" ein Schwulen-Lesben-Thema ist. "Geschlechtsidentität" macht es möglich sich als schwul oder lesbisch zu verstehen. Das wäre an sich völlig in Ordnung, wird aber dann zum Problem, wenn Menschen mit Transsexualität ins Spiel kommen, die sagen, dass ihr Körper von ihrem Geschlecht abweicht.
Ein transsexueller Mensch greift dann - ohne diese Absicht überhaupt zu haben - ein schwules bzw. lesbisches geschlechtliches Selbstverständnis an. Die Reaktion auf diese Gefahr führte dann dazu, Menschen mit Transsexualität psychiatrische Diagnosen zu geben wie eine "Gender Identity Disorder" und transsexuellen Menschen einzureden, sie seien beispielsweise gar keine Frauen, sondern Männer, die sich dem "Gegengeschlecht" zugehörig fühlten.
Nachdem Menschen mit Transsexualität sich gegen die psychiatrischen Diagnosen zur Wehr gesetzt haben, finden sich die Reaktionen auf die "transsexuelle Gefahr" heute in Texten, wie dem von respektcheck oder anderen Veröffentlichungen, in denen "Trans*" als Subkategorie von Schwulsein (in erster Ordnung) oder Lesbischsein (in zweiter Ordnung) promoted wird. "Trans*" ist dann die "abweichende Geschlechtsidentität", die das schwule und lesbische Selbstverständnis nicht mehr angreift. Wenn dann "Transsexualität" in der Öffentlichkeit gar nicht mehr vorkommt, ist die schwule und lesbische Welt in Ordnung. Dann geht es - wie bisher - um abweichende schwule und lesbische Identitäten.
Über diese Konfliktlinien sollten wir mal einen öffentlichen Diskurs führen.
Ausschnitt aus dem Artikel:
"'Schwule sind keine richtigen Männer'.
[...]
Lesben und Schwule sind Menschen – und Menschen sind vielfältig: Sie leben vielfältige Geschlechterrollen und geschlechtliche Identitäten. Aber das sind auch nicht alle Facetten, die uns Menschen als Individuen ausmachen. Dass man eben jene Orientierung oder Identität auf den ersten Blick erkennt, gehört ebenso in das Reich der Mythen wie die Aussage, es gebe keine schwulen Fußballspieler. Mit solchen Behauptungen wird wenig über die verschiedenen queeren Communities und viel über eigene überholte Geschlechterbilder verraten.
Und wer bestimmt eigentlich, was so ein richtiger Mann oder eine richtige Frau ist? Macht eine bestimmte Haarlänge weiblich oder eine bestimmte Muskulatur männlich? Die Vorstellungen, die zu dieser Frage herumgeistern, haben viel mit traditionellen Geschlechterrollen, aber wenig mit der Realität zu tun. Oftmals soll damit legitimiert werden, dass jemand was darf oder nicht darf, warum jemandem gleiche Rechte verwehrt bleiben.
So haben unsere Vorstellungen von Geschlecht, von Weiblichkeit und Männlichkeit immer noch viel Wirkkraft – auch für den Umgang mit Lesben und Schwulen: Je mehr sie den als richtig geltenden Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit entsprechen desto eher bleiben sie im Alltag unbehelligt. Lesben, Schwulen und Trans*, denen man „es“ nicht ansieht, werden eher akzeptiert."
(Quelle: https://respektcheck.de/ressentiment/schwule-sind-keine-richtigen-maenner/)