Deutschland Transphobia

Am 10. Juni hat der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eine Beschlussempfehlung und einen Bericht veröffentlicht, die sich zur Menschenrechtspolitik der Bundesregierung äussert. Obwohl die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen explizit erwähnt werden, werden Transsexuelle Menschen hier wieder einmal ausgeklammert. Damit setzt die Bundesregierung das fort, was in den letzten Jahren offizielle Haltung war: Transsexuelle Menschen, also Menschen, die mit gengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden, gibt es nicht.

Der Bundestag bittet in dem Papier die Bundesregierung, dass der Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen in einem Menschenrechtsbericht, besondere Ausmerksamkeit gewidmet wird. Als Menschenrechtsorganisation, die bereits beim letzten UPR-Bericht an die Vereinten Nationen darauf hingewiesen hat, dass sex und gender zweierlei sind, und körperliche Besonderheiten nichts mit geschlechtlichen Rollen oder Identitäten zu tun hat, werten wir die Veröffentlichung dieses Papiers als Bestätigung des Desinteresses der deutschen Politik, sich mit transsexuellen Menschen auseinander zu setzen. Bereits seit 2008 fordern die Vereinten Nationen Deutschland dazu auf, auf transsexuelle Menschen zuzugehen und ihre Probleme ernst zu nehmen.  Im Frühjahr 2009 äusserte Silvia Pimentel, Mitglied des CEDAW-Frauenrechtskomitees der Vereinten Nationen, beispielsweise, dass das Paradoxon beendet werden müsse, dass transsexuelle Frauen sich als psychisch kranke Männer bezeichnen lassen müssten, um als Frauen anerkannt zu werden. Das Transsexuellengesetz existiert bis heute. Gemeldet hat sich die Bundesregierung bei transsexuellen Menschen bis heute nicht.

Zugleich wurden in den vergangenen Jahren Tendenzen untersützt, nach denen behauptet wird, transsexuelle Frauen seien "biologische Jungs" bzw. "biologische Männer", die sich wie Frauen fühlten und transsexuelle Männer seien biologische Frauen. Psychopathologisierenden Konzepten, wie die Idee einer "Gender Dysphorie", ein Begriff der aus den 70er-Jahren stammt, wurde Raum gegeben und jeder Versuch verhindert, geschlechtliche Vielfalt anzuerkennen. Im Saarland bekam eine Filmautorin, die eine transsexuelle Frau als Mann dargestellt hat, bei einem Filmfestival den Preis der Ministerpräsidentin. Ebenfalls für das Saarland tritt eine transsexuellenfeindliche Musikkapelle für den Bundesvision Song Contest an, mit einem Song, der so tut, als sei eine transsexuelle Frau, ein umoperierter Mann. In Baden-Württemberg werden transsexuelle Menschen bei einem Aktionsplan zur Gleichstellung nur als Randnotiz wahrgenommen und die Gruppen der unorganisierten Gruppen von den Gesprächen so gut wie ausgeschlossen. In Berlin arbeitet ein Sexologe immer noch unbehelligt in einer Klinik, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, und damit dem Senat unterstellt ist, der offen in seinen Büchern Umpolungstherapien an transsexuellen Kindern anbietet. Auf dem Filmfest in München wird im Juli ein Film vorgefüht, der so tut, als zeigte er eine transsexuelle Frau, und zum dem der Regisseur die Haltung vertritt, dass diese Frau ein "etwas doofer Kerl" ist, der noch aussieht wie einer, darin aber "ganz sexy" sei. Der Film ist für Preise nominiert. In Talkshows sürfen sich transsexuelle Männer Fragen anhören, wie das "so war als Frau" und transsexuelle Frauen werden dafür gelobt, dass sie zu den emanzipierten Männern gehören, die offen mit Rock und Schürze, "als Frau leben".

In Deutschland dürfen intersexuelle Menschen sich von transsexuellen Menschen abgrenzen und so tun, als ginge es bei Transsexualität primär um Identität, obwohl "sex" in transsexuell körperliche Merkmale meint und diese nichts mit der Identität eines Menschen zu tun hat. Homosexuelle Menschen dürfen transsexuelle Menschen als Menschen vereinnahmen, die in ihren Augen Gender-Performances vollziehen. Dass geschlechtliche Fremdbestimmung ein No-Go ist, auch wenn intersexuell und homosexuell hinten auch "-sexuell" als Wortbestandteil enthalten, juckt keine Sau. Nirgends ist ein Aufschrei da, der sich gegen diesen Missbrauch zur Wehr setzt, ausser bei manchen Betroffenen selbst, die dieses Spiel nicht mitspielen... die wissen, dass, auch wenn in Deutschland Transsexualität als widernatürlich angesehen wird, und man deswegen hierzulande nicht in der Lage ist, ein transsexuelles Mädchen als biologisches transsexuelles Mädchen und einen transsexullen Jungen als biologischen transsexuellen Jungen anzuerkennen, trotzdem wissen, dass sie genauso ein Recht darauf haben, nicht als widernatürlich zu gelten, wie jeder andere Mensch auf diesem Planeten auch.

Die Liste der geschlechtlichen Fremdbestimmung in Deutschland könnte endlos fortgesetzt werden und jeder macht mit.

Fazit: Deutschland ist ein transsexuellenfeindliches Land mit transphoben Tendenzen in Politik und Medizin. Da wundert uns nicht, dass transsexuelle Menschen wieder einmal in einem Bericht und einer Beschlussempfehlung des Bundestages vergessen werden.
Als Menschenrechtsorganisation beobachten wir die Situation transsexueller Menschen in Deutschland seit Jahren und kommen zum Ergebnis, dass sich hier nichts ändern wird, bis zu dem Zeitpunkt, an welchem transsexuelle Menschen der system-immanenten Transsexuellenfeindlichkeit durch ihre eigene Haltung eine deutliches "Nein" entgegenbringen werden. Warum nicht sofort damit anfangen?


Ach wenn es nicht lohnt:


Ein weiteres Papier von Ignoranten, die sich "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" nennen.