UN-Sozialpakt: Das Menschenrechtskomitee fragt, Deutschland schweigt

Am 6. Mai fand in Genf die Befragung Deutschlands durch das Komitee der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte statt, das überprüfen sollte, in wie weit sich Deutschland an den bereits 1973 unterzeichneten Sozialpakt (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) hält. Das Ergebnis war - nicht nur für die Vereinten Nationen - enttäuschend.

Der UN-Menschenrechtsausschusses wies die Bundesregierung darauf hin, dass sie bereits vom CEDAW*-Menschenrechts-Komitee vor zwei Jahren aufgefordert worden war, sich mit intersexuellen und transsexuellen Menschen zu treffen und wollte wissen, ob diese Treffen bereits stattgefunden hätten, ob die Bundesregierung intersexuellen und transsexuellen Menschen zugehört hätte, welche schlimmen Erfahrungen sie machten. Doch die Antwort war: Schweigen. Keine Erwähnung von irgendwelchen Absichten, sich an die Aufforderung des UN-Komitees zu halten, lediglich ein kleiner Hinweis auf die notwendige Änderung des Transsexuellengesetzes, auf Grund des letzten Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, gab es.

Doch nicht nur bei der Frage nach den Rechten transsexueller und intersexueller Menschen fehlten konkrete Aussagen der Bundesregierung. Deutschland wurde mehrfach durch fast alle Mitglieder des Ausschusses aufgefordert zu sagen, wann es denn dazu bereit wäre, endlich das fakultative Protokoll** zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte zu ratifizieren. Die Antwort auch hier: Schweigen, wie auch bei der Frage, wann Deutschland endlich das Europäische Anti-Diskriminierungsabkommen*** ratifizieren werde. Auch dazu gab es keinen Kommentar der Vertreter der Bundesregierung.

Das Selbe spielte sich ab auf die Frage hin, wann denn Deutschland endlich einmal dazu bereit wäre, den Sozialpakt als Teil des deutschen Rechtssystems zu begreifen, wozu es sich seit 38 Jahren verpflichtet hat (was der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses anmerkte). Auch dazu wussten die Vertreter der Bundesregierung keine Antwort, vielmehr war hier eine ablehnende Haltung zu erkennen. So durften sich die Mitglieder des UN-Menschenrechtsausschusses über Aussagen wundern, wie: „Ein Recht auf Arbeit gibt es bei uns nicht und wird es auch nie geben.“ Was ein Mitglied des Menschenrechtsausschusses zur Frage bewog, wie wichtig Deutschland ein unterzeichnetes und ratifiziertes Menschenrechtsabkommen nehmen würde. Keine Antwort darauf, was sonst.

Was bleibt ist der Eindruck, den wir schon lange haben: Menschenrechte interessieren die Deutsche Bundesregierung nicht, außer man kann damit angeben, wieviele Pakte man schon unterzeichnet hat (an die man sich ja nicht zu halten braucht, denn Papier ist geduldig). Und das ist auch bei den Vereinten Nationen angekommen.

Dennoch, oder gerade deshalb, zeigt sich, dass sich der Einsatz für Menschenrechte lohnt. Die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses zum Sozialpakt haben nicht nur unseren aktuellen Menschenrechtsbericht gelesen, sondern die Bundesregierung auch auf unsere Berichte zum UPR**** und zu CEDAW* hingewiesen. Außerdem wurde die Bundesregierung nun schon zum 3. Mal von den Vereinten Nationen aufgefordert, Rechte für transsexuelle Menschen zu verbessern (In den abschließenden Bemerkungen zu CEDAW, dem UPR und nun auch vom Sozialpakt-Komitee). Unsere Probleme und die Missachtung dieser durch Deutschland wurden von den Mitgliedern der verschiedenen Menschenrechtsausschüsse wahr genommen und werden sicherlich nicht wieder vergessen. Wir kämpfen nicht mehr alleine für unsere Menschenrechte. Das gibt Mut.


Anmerkungen und Dokumente:

Unseren aktuellen Menschenrechtsbericht zur Einhaltung des Sozialpaktes gibt es hier.

*CEDAW:  Übereinkommen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau

** Das fakultative Protokoll erlaubt es Einzelpersonen sich an die Vereinten Nationen zu wenden, wenn ihre durch den Sozialpakt (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) garantierten Rechte verletzt werden. Es können sich nur Personen aus den Staaten dabei an die VN wenden, die dieses Protokoll unterzeichnet haben. Das vollständige Fakultative Protokoll kann man auf Deutsch hier herunterladen.

*** Das Europäische Anti-Diskriminierungsabkommen ist das Protokoll Nr. 12 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in den Staaten des Europarates und wurde von der Bundesrepublik Deutschland zwar unterzeichnet, doch nie ratifiziert. Es kann hier heruntergeladen werden.

**** UPR: Universal Periodic Review