Wahl 2011 in Bremen: Interesse an Veränderung, doch klare Richtungen fehlen

Alle Bremer Parteien (außer der CDU) haben bekundet, zumindest das Transsexuellengetz überarbeiten zu wollen und Transsexualität nicht für eine psychische Störung zu halten. Eine prinzipielle Abschaffung der Diagnose im ICD10 und DSM findet sich jedoch nicht.

Für eine Abschaffung des Gutachterverfahrens und für eine geschlechtliche Selbstbestimmung, haben sich nur die Linke und die Grünen klar ausgesprochen, die SPD verweist auf Thomas Hammarberg, den Kommissar für Menschenrechte des Europarates, ohne dabei allzu deutlich zu sagen, wie sie seine Kritik umsetzen möchte.

Die deutlichsten Worte findet DIE LINKE: „DIE LINKE verfolgt das Ziel, das TSG aufzuheben und rechtliche Möglichkeiten durch  eine Änderung des Personen- und Namensrecht zu erreichen. “ Doch ihre Informationen über Transsexualität scheinen sie nicht von der ATME-Seite zu beziehen. So ist doch auch verwunderlicherweise zu lesen: „Transsexuelle  wirken verstörend auf Menschen, die auf die Eindeutigkeit von ausschließlich  zwei Geschlechtern bestehen “. Und wie viele Geschlechter haben dann transsexuelle Menschen? Interessant, dass hier die Linke beim Zählen auf mehr als zwei gekommen ist.

Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN hat ja einen recht guten Gesetzentwurf eingebracht, der offenbar nicht ganz so von den Bremern unterstützt wird. Denn sie sprechen immer noch von Fristen für eine Vornamensänderung und von Nachweisen – und damit ist es fraglich, ob sie die Abschaffung des Gutachterverfahrens wirklich ernst meinen. „Dieses Anknüpfen an zwei unabhängig voneinander gestellte Gutachten halten wir  für nicht geeignet, eine dauerhafte Entscheidung [sic!!!] der transsexuellen Person  nachzuweisen. … Wenn eine Person durch ihre Lebensweise über mehrere Jahre [sic!!!] deutlich macht,  welchem Geschlecht sie sich selbst zuordnet ... sollte der Gesetzgeber ohne weitere psychiatrische [!!] Gutachten diese  Entscheidung [sic!] akzeptieren, da sie nur rein persönlich getroffen werden kann.“

Die SPD beruft sich, schon gleich zu Beginn, auf Thomas Hammarberg, den Menschenrechtskommissar des Europarates, ohne jedoch viel konkreter im weiteren Verlauf zu werden: „Darüber hinaus verfolgen wir in unserer  politischen Zielrichtung die Umsetzung der Empfehlungen des Themenpapiers  des Kommissars für Menschenrechte des Europarats „Menschenrechte und  Geschlechtsidentität" an die Mitgliedsstaaten des Europarats sowie die  Yogyakarta Principles 2006 “. Von einer Abschaffung des Begutachterverfahrens oder des TSG ist dabei nicht die Rede, vielmehr stellen sie „die Forderung, schnelle und transparente  Verfahren für die Änderung des Namens und Geschlechtes einer transsexuellen  Person in Geburtsurkunden, Personaldokumenten, Reisepässen,  Ausbildungsurkunden und ähnlichen Dokumenten  zu entwickeln.“ Ob uns mit Schnelligkeit und Transparenz so viel geholfen ist, wagen wir zu bezweifeln.

Im Gegensatz zur FDP (und CDU) treten alle Parteien für Aufklärung ein. Ein wichtiger Punkt, da Aufklärung über Bildungspläne und Ähnliches zur Länderhoheit gehört und von einer neuen Landesregierung auf alle Fälle umgesetzt werden kann. Doch würden wir uns wünschen, sie würden vor solch einer „Aufklärung“ erst einmal sich selbst aufklären und ihr Bild über Transsexualität ändern.

Die FDP verweist leider nur auf eine notwendige Änderung des Transsexuellengesetzes und macht klar, dass sie transsexuelle Menschen für unfähig hält, über ihr Geschlecht selbst zu urteilen und besteht auf einen Gutachter, der für sie entscheidet, welches Geschlecht und welchen Namen sie offiziell haben dürfen: "... was das Gutachten enthalten muss und ob es zwei Gutachten sein müssen. Transsexualität sollte aber weiterhin festgestellt werden, wenn eine Änderung des Personenstandes angestrebt wird." Also doch wieder eine Diagnose als "psychisch gestört". Danke!

Die CDU schweigt – was auch sonst.

 

Alle Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine von ATME können hier heruntergeladen werden und eine Übersicht über die bisherigen Antworten aus den einzelnen Bundesländern findet sich unter "Wahl 2011"