Lili Elbe über Lili Elbe
In den deutschen Zeitungen scheint man sich ja einig zu sein, wie "The Danish Girl" vermarktet werden muss: Als Transgender-Film mit Aussichten auf tollen Chancen auf 'ne Menge Auszeichnungen. Und Eddie Redmayne ist dann der Maler Andreas, ein "er", der dann zu einer "sie" wird. Das passt zwar in die aktuelle Trans*Identitäts-Welle und die Gender-Dysphorisierung der Gesellschaft, in der täglich wieder von "Geschlechtsumwandungen" phantasiert wird, aber so ganz stehen lassen wollen wir das nicht.
"Sie sagen, die Leute, die mein Buch lesen, wollen auch etwas von der Art und dem Gang der Operation erfahren. Soll ich sagen, Andreas hätte also in Paris, als er in Ivens Ballett getanzt, plötzlich, ohne daß er es wußte, Menstruationsblutungen einer Frau bekommen, Blutungen, die dann regelmäßig wiedergekehrt sind, deren Charakter erst Werner Kreutz erkannt hat? Soll ich sagen, daß die erste Operation in Berlin Andreas' Kastrierung gewesen ist, daß unmittelbar danach Andreas' Stimme sich in meine, Andreas’ Handschrift sich in meine Handschrift verwandelt hat, daß Andreas' Blut aber schon vor der ersten Operation mein Blut gewesen ist, voll von Absonderungen meiner Ovarien? Soll ich erzählen, daß eigentlich noch nicht ich, sondern ein kastrierter Mann, nein, ein Wesen, das weder Mann noch Frau war, in die »Frauenklinik« im vorigen Frühjahr gekommen ist? Soll ich sagen, daß man dann erst das männliche Glied entfernt hat, den Leib öffnete und — meine Ovarien fand, die aber durch die falschen Behandlungen in Paris verkümmert waren —, soll ich sagen, daß dann ich, Lili, neue Ovarien einer Sechsundzwanzigjährigen erhielt, die meinen ganzen Körper und dessen Funktionen »normalisierten«, daß ich fortab eine Frau wie andere Frau war und bin, und daß ich jetzt nach Dresden zurückgekommen bin, um durch einen letzten Eingriff einen natürlichen Auslauf von der Gebärmutter zu . . . Oh, lieber Freund, mehr kann ich nicht schreiben."
(Lili Elbe, Juli 1931)