Was unterscheidet diejenigen, die uns angreifen, von uns selbst?
Der erste Schritt, damit Menschen gesellschaftlich gleichberechtig leben können, ist der, sich selbst als echt anzuerkennen. Selbstbestimmtheit heisst, die Verantwortung anzunehmen, sich selbst zuzugestehen, ein Wissen über sich selbst zu haben. Wer meint, sich anders zu "fühlen", wie sein "biologisches Geschlecht", erkennt sein eigenes Wissen nicht an. Wie sollen es dann andere tun?
Auf einer Seite einer prominenten Selbsthilfeorganisation ist folgendes zu lesen:
"In meiner therapeutischen Arbeit habe ich inzwischen dutzende transidente Menschen kennengelernt – also Menschen, die sich dem eigenen biologischen Geschlecht nicht zugehörig fühlen, sondern viele davon dem anderen Geschlecht und manche auch keinem."
Gleichzeitig werden in den U.S.A. basierend auf der Idee zahlreiche Gesetze in den rechts-gerichteten Bundesstaaten erlassen, die auf dieser Idee basieren: Dass da Menschen sind, die sich anders "fühlen", als ihr "biologisches Geschlecht" und Menschen nur mit einem Nachweis über das echte "biologische Geschlecht" Zutritt zu den passenden Toiletten, Sportwettbewerben, aber auch medizinischer Versorgung haben sollen. Die Vernichtungsphantasien gegenüber Menschen, die nicht zu der Idee eines "echten biologischen Geschlechts" passen, wurden von Trump und seinen Unterstützern offen geäussert und planen diese Phantasien zu Gesetzen zu machen.
Doch zurück zu dem, was "Selbstbestimmung" mit sich bringt: Sich selbst einzugestehen, dass die Idee, man könne sich anders "fühlen" als (s)ein "biologisches Geschlecht" eine Illusion ist. Menschen können sich "fühlen", wie sie selbst, aber nicht anders als ihr "biologisches Geschlecht". Wenn, dann "fühlen" sie sich wie ihr "biologisches Geschlecht", aber nicht wie ein anderes. Menschen können sich von sich selbst entfremdet fühlen, oder spüren, bei sich selbst angekommen zu sein.
Gesellschaftliche Veränderung zum Guten fängt immer dann an, wenn Menschen sich selbst anerkennen. Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass es auch andere tun. So lange Menschen selbst meinen, sich selbst zu verleugnen und zu glauben, sich anders als das eigene "biologische Geschlecht" zu fühlen, werden die Menschen genau so behandelt: Sie werden verleugnet. Und es macht dabei keinen Unterschied, ob es diejenigen, die einen verleugnen "gut" meinen, oder nicht.
Man sollte meinen, dass die Menschheit es verkraften wird, wenn sich ein Teil der Menschen selbst verleugnet. Diese Annahme ist falsch. Ob man sich selbst als "echt" begreift, hat immer auch Auswirkungen auf andere Menschen. Wer zulässt, dass die Idee, man könne ein "biologischen Geschlecht" immer eindeutig bestimmen, auf sich selbst Anwendung findet, wird zulassen, dass die Idee an sich Verbreitung findet. Und in einer Welt, in der sich diese Idee verbreitet, werden sich dann - wenn man der Idee nicht konsequent entgegentritt und diese als unwissenschaftllichen sozial konstruierten Humbug entlarvt - alle Menschen geschlechtlich vermessen lassen müssen.
Es ist höchste Zeit, dieser regressiven Entwicklung hin zu einer Welt, in der Geschlecht vermessen werden soll, entgegenzutreten. Geschlecht ist nicht messbar. Und deswegen fühlen sich Menschen auch nicht anders wie ihr "biologisches Geschlecht", da man sich nicht anders fühlen kann, als etwas, was nicht gemessen werden kann.