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Das Bundesgesundheitsministerium verweigert Informationen

Wir können nicht sagen, mit wem wir klüngeln - so deuten wir einen Brief, den uns das Bundesgesundheitsministerium zugesendet hatte. Welche Trans*-Vereine mit am Tisch sassen, als es darum ging eine Förderung der Weiterentwicklung der Stuttgarter Erklärung abzulehnen, könne man uns nicht sagen, da die jeweiligen Begutachtenden auch "potentielle Antragsteller" sein könnten.

Hintergrund:

Im letzten Jahr hatten wir einen Förderantrag beim Bundesgesundheitsministerium eingereicht um die Stuttgarter Erklärung weiterzuentwickeln und darauf hinzuarbeiten, eine medizinische Versorgung für Menschen mit Transsexualität zu ermöglichen, die ohne Gender-Deutung auskommt. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Wir erfuhren aber, dass in dem Begutachtungsgremium für das Programm „Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ auch Trans*-Personen sassen/sitzen. Da wir wissen wollten, wer das ist, stellten wir im März einen Antrag nach Offenlegung nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

Die Antwort erachten wir als reichlich absurd. Hier ein Ausschnitt:

"Nach § 3 Nummer 3 Buchstabe b) IFG besteht kein Anspruch auf Informationszugang, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Schutzgut ist die Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustauschs sowohl bei innerbehördlichen Beratungen als auch bei Beratungen zwischen Behörden und sonstigen Einrichtungen.

In diesem Fall wären Beratungen des Bundesministeriums für Gesundheit über die Gewährung von Förderanträgen gefährdet.

Da Begutachtende immer auch potentielle Antragsteller sind, deren Anträge dann wiederum selbst begutachtet werden, kann eine Namenstransparenz einen Verhaltens- und Erwartungsdruck erzeugen, der eine offene, distanzierte und kritische Befassung mit Forschungsanträgen gefährden kann."
(Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums vom 26. Juni 2019)

Lesen wir das richtig? Im Gremium, welches über Fördergelder entscheidet sitzen auch Personen, die selber Anträge stellen bzw. einen solchen Antrag gestellt haben? Wie bitte?

Angesichts der anstehenden Verlängerung des Gatekeeper-Systems durch die Psychosexologie mit Diagnosen wie "Gender Dysphorie" und "Gender Inkongruenz", welches auch auf Komplizenschaften von Trans*Personen und Trans*Vereinen angewiesen ist, fragen wir uns: Wollt ihr uns veräppeln?

Wir haben gegen diesen Brief Widerspruch eingelegt.

Übrigens:

Wir arbeiten ja prinzipiell unabhängig und stellen nur selten Förderanträge, da wir davon ausgehen, dass Unabhängigkeit ein hohes Gut ist. Sobald Gelder fliessen, kann häufig nicht mehr frei gearbeitet werden. Da wir uns nicht als Teil der Bundesregierung sehen, sondern als Menschenrechtsverein, dessen Aufgabe es ist, u.a. Menschenrechtsverletzungen der Bundesregierung aufzuzeigen, zu dokumentieren und darauf hinzuarbeiten, dass diese nicht mehr vorkommen, legen wir mehr Wert darauf, uns frei äussern zu können, als etwa staatliche Gelder einzuschieben.

Für die Stuttgarter Erklärung heisst das: Natürlich arbeiten wir daran weiter.

Feminismus und Transsexualität - Ein emanzipatorischer Abend

Wir hatten ja mal überlegt, wieder ganz klein anzufangen, nachdem die grosse Politik dem Thema Transsexualität wenig Raum gibt. Deswegen haben wir beim DemoZ im Ludwigsburg - ein toller Ort - nachgefragt, ob wir uns da eventuell regelmässig treffen können. Und ja, das dürfen wir. Alle zwei Monate und es wird um Feminismus und Transsexualität gehen.

Körperdeutende Vorstellungen von Geschlecht sind ja zur Zeit wieder massiv vertreten - sei es durch medizinische Diagnosen wie "Gender Dysphorie" und "Gender Inkongruenz" oder durch die Ursache dieser Diagnostik, der medizinisch-psychiatrischen Deutung von Geschlecht anhand körperlicher Merkmale und der Teilung in dementsprechende Geschlechterkategorien. Mit solchen Deutungen fängt Herrschaft über Menschen an. Eine körperdeutende Weltanschauung ist immer patriarchal und zeigt sich an vielen Orten: Bei Genitalverstümmelungen, bei Abtreibungsregelungen und der Unsichtbarmachung der Tatsache, dass Körper nicht immer dem Geschlecht eines Menschen entsprechen. Diese gewalttätige Sichtweise nutzt Medizin als Legitimation für geschlechtliche Zuordnung und verweigert zugleich Menschen die Hilfe, die sie dringend benötigen. Diese Sichtweise stellt sich immer über andere Menschen. Sie ist übergriffig.

Über all das wollen wir in einem geschützen Rahmen (im DemoZ in Ludwigsburg) reden.

Jeden zweiten Freitag in den ungeraden Monaten treffen wir uns ab 19 Uhr um Strategien zu entwickeln, die patriarchale Sicht geschlechtlicher Deutung zu überwinden.

Fragen sind dann u.a.:

  • Was hat Fremdbestimmung über Körper und Geschlecht mit patriarchalen Weltbildern zu tun?
  • Welche Rolle spielt dabei ein medizinisch-psychiatrisches körper-deutendes Geschlechterverständnis?
  • Wie können Menschen mit geschlechtlichen Variationen sich davon emanzipieren?
  • Wie können wir die Perspektive von Staat, Medizin und Politik verändern?
  • Und warum ist das feministisch?

Darüber wollen wir uns austauschen.

Anfangen werden wir am Freitag, den 12. Juli 2019. Weitere Termine sind dann: 13. September 2019 (mit Bühnenprogramm zu "Identität"), 8. November 2019, 10. Januar 2020 (mit Bühnenprogramm, Ideen gerne an uns), der 13. März 2020, ...

Im Januar, Mai und September wird es zusätzlich ab 20 Uhr ein Bühnenprogramm geben.