building responsive website

Korte und die Biologismen

Alexander Korte ist Kinder- und Jugendpsychiater. Einer der grossen Namen, die zu nennen wären im Zusammenhang mit der Psychosexologie. Er hat der katholischen Internetzeitung "Die Tagespost" ein Interview gegeben. Er zeigt in diesem Interview, dass er von Transsexualität keine Ahnung hat. Und er sagt Dinge, in denen "Biologie" angeführt wird, obwohl es um die Deutung von Geschlecht geht.

Zitat:
"Ärzte und Psychologen verwenden heute fachlich korrekt den Begriff Körper-Geschlechts-Inkongruenz, und das beschreibt die erlebte Diskrepanz zwischen dem geschlechtsbezogenen Identitätsgefühl einer Person einerseits und deren körperlich-biologischer Geschlechtszugehörigkeit andererseits."

Wir fügen das dann mal unserer Biologismen-Sammlung hinzu.

Zur Erinnerung: Biologismus meint, wenn Menschen die "Biologie" anführen, um ihre Vorstellung, die sie über andere Menschen haben, wissenschaftlicher klingen zu lassen. Dazu gehört, dass es sich nicht wirklich um "Biologie" handelt, sondern lediglich um einen Ausschnitt, der die jeweilige Ideologie desjenigen stützt, der mit Biologismen arbeitet. Was zu einem Biologismus führt, hat meistens nichts mit "Biologie" zu tun, sondern es handelt sich um eine Deutung. Diese Deutung basiert auf gesellschaftlichen Normen, Ideen, Haltungen, etc.

Ein Biologismus im Zusammenhang mit Transsexualität klammert einen Teil der Realität aus. Er behauptet eine vom "biologischen Geschlecht" abweichende Identität. Was ausgeklammert wird, sind die Menschen, um die es geht. Sie werden anhand des Körperzustandes geschlechtlich gedeutet. Die Äusserung, die dann die Gedeuteten über ihr eigenes Geschlecht treffen, wird als weniger wert betrachtet, als die Deutung des Aussenstehenden (in der Regel: ein Psychosexologe).

Wir sind hier sehr konsequent: Für uns ist die Aussage, die Menschen über ihr Geschlecht treffen richtiger, als die Aussage, die ein Aussenstehender über das Geschlecht eines Menschen trifft. Ausgehend dieses Wissens gibt es Menschen, deren Körper vom Geschlecht abweicht, also Menschen mit transsexuellem Körper.

Zurück zu Alexander Korte: Er deutet das Thema falsch. Er ist kein Experte. Wer Transsexualität für eine Frage eines "Geschlechtsrollen- und Geschlechtsidentitätskonfliktes" hält, irrt. Dieser Irrsinn muss endlich überwunden werden.

Das Interview vom 21. August 2019

Die Quellen der Berichterstattung

Über Transsexualität wurde in den letzten Monaten und Jahren viel Mist berichtet. Beispielsweise dass Menschen mit Transsexualität biologisch A seien, sich aber wie B identifizierten. Der klassische psychopathologisierende und patriarchale Käse eben, bei dem die Deutung von Geschlecht anhand von Körpermerkmalen nicht in Frage gestellt wird.

Die Frage ist: Wo kommt das her? Ein Grund ist sicher der, dass Menschen mit körper-deutendem Weltbild solche Artikel schreiben. Wer Geschlecht an Penis und Vagina festmacht, der wird Transsexualität immer falsch darstellen (eben als eine vom biologischen Geschlecht abweichende Geschlechtsidentität). 

Es gibt aber auch einen anderen Grund: Die Quellen, auf die sich die Presseagenturen stützen.

Eine Presseagentur ist dafür da, Meldungen an Medien zu schicken, aus denen dann diese Medien Artikel, Beiträge, etc. machen. Die bekannteste Presseagentur in Deutschland ist die dpa, die Deutsche Presseagentur. Und diese gab auf Twitter zu, dass sie für ihre Berichterstattung einerseits auf einen Medienleitfaden des Berliner Vereins TriQ zurückgreift (indem es um Geschlechtsidentitäten geht) und andererseits dann auf den journalistischen Leitfaden vom Bund Lesbischer & Schwuler JournalistInnen für die Definitionen von Transgender und Transidentität.

In diesem Leitfaden heisst es:

"Transidentität – Begriff, der auf den möglicherweise irritierenden Sexualitätsbegriff in 'Transsexualität' verzichtet und stattdessen stärker auf den Identitätsaspekt fokussiert. Es geht um Menschen, deren Geschlechtsidentität dem eigenen biologischen Geschlecht nicht entspricht."

Die dpa greift also auf Quellen zurück, die in der Kombination folgendes ergeben:

  • Transsexualität sei nur ein anderes Wort für Transidentität
  • Bei Transidentität ginge es darum, dass Menschen eine Geschlechtsidentität abweichend ihres "biologischen Geschlechts" haben
  • Transidentität werde in kurz "trans*" genannt

Fazit:

Die Presseberichterstattung ist deswegen so unterirdisch, da sie sich auf Quellen stützt, welche das geschlechter-deutende Weltbild nicht in Frage stellen und in denen die medizinisch-psychiatrische Konstruktion "Geschlechtsidentität weicht vom biologischen Geschlecht ab" nicht als Problem thematisiert wird. Die Berichterstattung haben wir einer trans*-Lobby zu verdanken, die sich mit den bestehenden geschlechtlichen Herrschaftsverhältnissen gemein macht, anstatt das Prinzip der Deutung von Geschlecht in Frage zu stellen.

http://www.blsj.de/uploads/Schoener-schreiben-ueber-Lesben-und-Schwule_BLSJ-Leitfaden_2013.pdf
http://www.transinterqueer.org/download/Publikationen/TrIQ_Journalist_innen-2.%20Aufl.-web(2).pdf