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Der alte menschenverachtende Wein in alten Schläuchen. Der BVT* gibt Tipps für die neue alte Gender-Diagnose "Gender Dysphorie".

Es war ja lange angekündigt und nun hat der Psychosexologen-Komplizinnenverein Bundesverband Trans* tatsächlich eine Broschüre herausgegeben, wie die S3-Leitlinie zu "Gender Dysphorie" und "Gender Inkongruenz" zu verstehen sein soll. Beim Durchlesen ist uns aufgefallen, dass der Kern der Angelegenheit - wie zu erwarten - "Geschlechtsidentität" ist. Um körperliche Behandlungen geht es nur als mögliches Nebenprodukt. Erstaunt waren wir wie offen dieser Verein sich auf die Seite der Psychosexologie stellt, wohlwissend, dass "Gender Dysphorie" und "Gender Inkongruenz" weiterhin Psycho-Diagnosen sind und eine solche Diagnose weiterhin den roten Faden der Behandlung darstellen soll.

Ausgehend davon, dass wir - also die Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. - als Hauptforderung haben (und schon immer hatten) eine Medizin ohne Gender-Deutung zu erreichen und der BVT* das seit Jahren weiss, empfinden wir die Komplizinnenschaft des Berliner Vereins als das, was es ist: Ein völliges Ignorieren von Alternativen. Unsere Forderung ist und war, Menschen die medizinische Behandlungen wünschen, als Menschen (und nicht als "Trans*menschen) zu behandeln, unabhängig von Gender-Diagnosen, die in psychiatrischen Büchern wie dem DSM niedergeschrieben sind und auch im ICD erneut auftauchen werden.

Gender-Identitäts-Diagnosen sind daran erkennbar, dass sie Gender-Identität zum Behandlungsgegenstand erklären, obwohl Menschen bei Ärzten Hilfe wegen ihres Körpers aufsuchen. Gender-Identitäts-Diagnosen thematisieren, welchem Geschlecht ein Mensch sich zugehörig fühlt (unabhängig davon, welches Geschlecht es ist).

Schauen wir einmal, was dieser Bundesverband Trans in seinem "Leitfaden für Behandlungssuchende" nun schreibt.

Da heisst es:

"'Trans'“ meint hier alle Menschen, die sich nicht oder nicht nur dem Geschlecht zugehörig fühlen, das in ihrer Geburtsurkunde eingetragen wurde. Das Wort dient als Oberbegriff und Kurzform für verschiedene Attribute – wie zum Beispiel transgender, transident, transsexuell, non-binär oder agender, die Trans* zur Selbstbeschreibung verwenden."

Daran ist zuerst einmal falsch, dass Transsexualität ein Gefühl der Nichtzugehörigkeit zu einem Geschlecht beschreibt. Transsexualität meint nach unserem Dafürhalten, wenn der Körper vom Geschlecht abweicht. Das ist etwas anderes. Andererseits aber zeigt dieser Abschnitt auch, dass der BVT* geschlechtliche Selbstverortungen und Identitäten als Teil einer medizinischen Leitlinie sieht. (ATME nicht)

Zu der Diagnostik schreibt der BVT* nun:

"Die Diagnose lautet „Geschlechtsinkongruenz“. Die ICD-11 wurde 2019 verabschiedet und soll 2022 in Kraft treten. DSM-5: Geschlechtsdysphorie. Das Kürzel DSM-5 steht für die fünfte Auflage des 'Diagnostic and Statistical Manual ofMental Disorders' (dt.: 'Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen'). Herausgegeben wird das DSM-5 von der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (APA). Es vergibt die Diagnose 'Geschlechtsdysphorie', wenn jemand unter einer Abweichung zwischen gefühltem Geschlecht und körperlichen Merkmalen leidet oder wenn ein Leidensdruck absehbar ist."

Und zu den Zielen der Diagnostik heisst es:

"Diagnosestellung als Basis für die Behandlungsplanung und für die Kostenübernahme der Krankenkassen. Auf Wunsch und bei Bedarf: therapeutische Begleitung beim Prozess, sich über eine mögliche Trans*geschlechtlichkeit klar zu werden. Erfragen der Entwicklungsgeschichte und der Lebenssituation, bisheriger Krankheiten und Behandlungserfahrungen als Basis für die  Behandlungsplanung. Erfassung von zusätzlichen Diagnosen. Planung erster Behandlungsschritte [...] Ein längerer diagnostischer Prozess ist aber gerechtfertigt, wenn die_der Behandlungssuchende das wünscht. Oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass andere psychische Störungen die Geschlechtsinkongruenz wesentlich mit beeinflussen."

Wenn von "andere psychische Störungen" die Rede ist, dann fragen wir uns: Was ist denn die eine? Ist das dann "Geschlechtsdysphorie"? Das wäre beim DSM, dem Buch der psychischen Störungen ja irgendwie naheliegend. Und noch eine Frage: Was hat eine "Entwicklungsgeschichte" mit körperlichen Variationen zu tun? Und warum soll das Teil der Diagnostik sein?

Der BVT* schreibt weiter zu den Voraussetzungen der Behandlung:

"Eine seit mindestens sechs Monaten bestehende ausgeprägte Diskrepanz zwischen Gender und Zuweisungsgeschlecht. Ausgeprägte Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen Geschlechts aufzuweisen (oder die eines alternativen Gender, das sich vom Zuweisungsgeschlecht unterscheidet)"

Es wird offenbar immer noch die Frage des Geschlechtes gestellt. So wie seit Jahrzehnten. Offenbar scheint es für den BVT* nicht vorstellbar, dass es a) anders geht und b) genau diese Vermischung körperlicher Behandlungen mit Geschlechtsidentitäten die Menschenrechtsverletzungen zur Folge hat, mit denen wir es seit Jahren zu tun haben.

Als zusätzliche wichtige Themen für die Diagnostik nennt der Bundesverband Trans*:

"Psychosexuelle Entwicklung: Entwicklung der Geschlechtsinkongruenz, Beziehungserfahrungen, inneres/äußeres Coming-out. Hingegen nicht relevant: Fragen zur sexuellen Orientierung. Soziale Situation: Wohnsituation, schulische/berufliche Situation, Partnerschaft, Familie, Zukunftswünsche, Familienplanung, Kinderwunsch [...]

Und es gelten folgende Empfehlungen:

"Für die individuelle Behandlungsplanung sollen psychische, körperliche, soziale und kulturelle Aspekte erfasst werden. Dazu gehören die psychosexuelle Entwicklung, die Sozialanamnese, die biographische und die medizinische Anamnese sowie der psychische Befund. Die Anamnese sollte beinhalten: Geschlechtsinkongruenz vor der Pubertät, Pubertätsentwicklung, Geschlechtsidentität, Partnerschaften, Selbstbezeichnungen, Comingout, Diskriminierungserfahrungen [...]"

Mal eine Frage: Das ist jetzt das grosse Werk, an dem der Bundesverband Trans* seit Jahren herummacht und dazu anderen Vereine, die sich von dieser übegriffigen Gender-Identitäts-Diagnostik lösen wollen, unsichtbar gemacht hat? Deswegen habt ihr mit den Psychiater*innen jahrelang zusammengesessen? Ernsthaft?

Wir haben es schon einmal gesagt und wiederholen es hier gerne: Der Bundesverband Trans* ist ein Verein, der die Arbeit der Psychomedizin gemacht hat bzw. macht. Dazu gehört die Leugnung von Transsexualität als Abweichung des Körpers zum Geschlecht eines Menschen. Dazu gehört auch die Verhinderung sinnvoller Behandlungsalternativen, in denen es darum geht, Menschen nicht weiterhin eine Zwangsdiagnostik auszusetzen, in der für körperliche Behandlungen Fragen zur Geschlechtsidentität zur Voraussetzung gemacht werden.

Was für eine Menschenverachtung!

Das Werk des Komplizinnenverbands: Da.





Ort für Schutz vor Gewalt? Oder Ort der Gewalt? Das LGBT-Flüchtlingsheim in Berlin

In diesem Jahr sind wir mehrfach von einer Gruppe von Menschen in Berlin angeschrieben worden, welche die Zustände innerhalb des dortigen LGBT-Flüchtlingsheims als katastrophal ansieht. Am 25. Oktober organisierten sie eine Demonstration, die "gegen die unmenschlichen Bedingungen, permanente Diskriminierungen durch Verwaltung und Securities sowie die sexuelle Belästigung durch Securities" gerichtet gewesen ist. Auch Selbstmorde werden von der Gruppe thematisiert. In der tageszeitung (taz) in Berlin erschien an 13. November unter dem Titel "Neues Leben Berlin" ein Artikel, der genau das Gegenteil darstellt und eher als Werbebeitrag für das Projekt bezeichnet werden könnte. Wie passt das zusammen?

Wenn zwei Erzählungen über eine Sache in krassem Gegensatz zueinander stehen, ist es angebracht, sich etwas näher anzusehen und zu fragen: Was ist da los?

Träger des LGBT-Flüchtlingsheims ist die Schwulenberatung Berlin. Zu diesem Verein schreibt die Aktivistinnengruppe in Berlin:

"Nach Selbstmorden und psychischen Zusammenbrüchen mehrerer dort stationierter Flüchtender fordern wir die sofortige Entlassung der Verwaltung, Security Firma und die Auflösung der Trägerschaft der die “Schwulenberatung Berlin e.V.”, die für die brutalen vorherrschenden Zustände verantwortlich ist."

Im taz-Artikel heisst es:

"Anders als andere Unterkünfte für Geflüchtete in Berlin, die umgewandelte Räume wie Sporthallen, Container oder selbst Flughafenhallen waren, ist das Heim in Treptow-Köpenick immer ein gewöhnliches Wohnhaus gewesen. Einige der Bewohner sind zwar Gewalt und Diskriminierung entkommen, werden aber immer noch aus den Herkunftsländern oder von Landsleuten in Berlin bedroht. Deshalb ist der Zugang zu dem unscheinbaren Haus für Unbefugte auch nicht ohne Weiteres möglich."

Die Berliner Aktivistinnengruppe berichtete uns, dass einer Frau, die in diesem Heim Schutz gesucht hatte, aus "unbekannten Gründen (evtl. aufgrund politischer und sozialer Auseinandersetzungen)" die Unterstützung durch eine dolmetschende Person entzogen war. Zuvor sei es zu Gewalterfahrungen innerhalb des Heimes gekommen.

In dem Artikel der taz wird eine andere Person erwähnt, welche sich schon früh als "Transfrau" indentifiziert habe und bereits seit zwei Jahren in dem Heim lebe. Von Gewalterfahrungen innerhalb des Heimes wird in dem taz-Artikel nicht gesprochen.

Wir würden gerne folgendes wissen:

  • Wie ist es zu bewerten, dass ein solcher taz-Artikel erscheint, der nicht auf die Demonstration und die Aktivistinnen eingeht, die auf Gewalterfahrungen innerhalb des LGBT-Heimes hinweisen?
  • Wie ist es zu bewerten, dass ein solcher Artikel in der taz erscheint, ein paar Wochen nach der Ankündigung der Demonstration durch die Berliner Aktivistinnengruppe?
  • Wie ist es zu bewerten, dass in dem Artikel eine Person beschrieben wird, die sich schon früh als "Transfrau" "identifizierte" (und in dem Text der taz Gutes über das Heim erzählt), während - neben der Schwulenberatung selbst - Vereinen wie die dgti in Berlin und dem Integrationsbeauftragten von Treptow-Köpenick zuvor von der Aktivistinnengruppe e-mails mit Beschreibungen der Probleme innerhalb des Heimes zugesandt worden sind?
  • Wie ist es zu bewerten, dass in dem Artikel der taz Antje Sanogo, Leiterin der Einrichtung der Schwulenberatung zu Wort kommt, aber die Aktivistinnengruppe nicht? War der Autor nicht über diese Gruppe informiert oder wusste er, dass diese bereits mehrfach auf Gewalterfahrungen innerhalb des Heimes hingewiesen hatte?

Es wäre schön, wenn diese Fragen jemand beatworten könnte.

Links:
Artikel der taz
Demonstrationsaufruf der Aktivistinnengruppe

Update vom 14.11.2019:

Nach einem Telefonat mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten in Berlin wurde uns mitgeteilt, dass es keine Selbstmorde gegeben habe. Ausserdem sind wir darauf hingewiesen worden, dass in einem Tumblr-Artikel der Aktivistinnengruppe, welcher die Zustände in dem Heim beschreiben soll, Fotos verwendet worden sind, die nicht das Heim zeigen. Nach einer ATME-Recherche können wir diese Aussage bestätigen. Die in dem Artikel verwendeten Fotos zeigen Flüchtlingsheime in Berlin-Hellersdorf (Aussenansicht), Magdeburg (Zimmer) und Köln (Treppenhaus). Wir haben die Gruppe, sowie die Schwulenberatung Berlin angeschrieben und um eine Erklärung gebeten.

Update vom 19.11.2019:

Sascha Langenbach, der Pressesprecher des Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, teilt uns per e-Mail mit:

"Das LAF hat vor einigen Monaten Kenntnis von anonymisierten Vorwürfen gegen eine unserer Unterkünfte erhalten. Dort sind Menschen untergebracht die angeben, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in ihren Heimatländern verfolgt worden zu sein. Angeblich seien die Wohnbedingungen menschenunwürdig was die Räume betrifft, ebenso wurde von Übergriffen aus dem Mitarbeiter-Team berichtet. Hierzu stellen wir fest: Die öffentlich gemachten Vorwürfe zu Selbstmorden in der Unterkunft sind falsch. Es gab dort keine Selbstmorde. Die im Zusammenhang mit dem Bericht veröffentlichten Fotos der Unterkünfte sind falsch. Sie zeigen weder die Unterkunft von außen, noch die Innenräume. Die Qualitätssicherung des LAF überprüft die Gegebenheiten (Hygiene, Qualifikation der Mitarbeitenden, etc.)  in dieser Unterkunft, wie in anderen Unterkünften auch, regelmäßig. Dazu gehört auch die Prüfung der Qualifikationen der dort eingesetzten Kräfte des Sicherheitsdienstleisters. Die öffentlich gemachten Beanstandungen entsprechen in keiner Weise den vor Ort angetroffenen Bedingungen."