Ergebnisse der Onlinebefragung der Baden-Württembergischen Landesregierung bestätigen Menschenrechtsbericht von ATME.

Wir hatten am 29. Juni 2014 bereits von den ersten Ergebnissen der „Onlinebefragung zur Lebenssituation von LSBTTIQ-Menschen in Baden-Württemberg” berichtet. jetzt hat die Baden-Württembergische Landesregierung ihren ausführlichen Bericht vorgelegt. Die Ergebnisse überraschen wenig.

Wie schon im Bericht aus Nordrhein-Westfalen über die Lebenssituation transsexueller Menschen, bestätigt nun auch der Bericht aus Baden_Württemberg, was schon immer in unseren Menschenrechtsberichten steht: Transsexuelle Menschen werden extrem häufig diskriminiert, haben deshalb oft einen niederen Schulabschluss und ein geringes Einkommen.

Zitate aus den Ergebnissen der Befragung:

„54 % der Teilnehmenden gaben an, aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität negative Reaktionen in den letzten 5 Jahren erfahren zu haben. Der Anteil lag bei TTIQ-Menschen mit 65 % höher als bei LSBQ-Menschen mit 53 %.
[…] Am häufigsten erlebten die betroffenen Teilnehmenden die negativen Reaktionen in der Öffentlichkeit und in der Familie, zudem oft in den Bereichen Freizeit, Arbeit und Ausbildung sowie im Freundeskreis. TTIQ-Menschen erlebten des Weiteren vermehrt negative Reaktionen in den Bereichen Gesundheit und Pflege sowie bei Ämtern und Behörden. […]
Am häufigsten erlebten die Betroffenen Getuschel und Gerüchte am Arbeits- oder Ausbildungsplatz, gefolgt von Witzen und nicht ernst nehmen. Ein Teil der betroffenen transsexuellen, transgender und aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität queeren Menschen erlebte zudem, dass sie nicht im gewünschten Geschlecht angesprochen, ihnen Zugänge zur Toilette ihres neuen Geschlechts verweigert oder sie gezwungen wurden, im früheren Geschlecht weiter zu arbeiten. […] Als Konsequenz aus den negativen Erfahrungen kündigten 19 % der betroffenen LSBTTIQ-Menschen ihre Arbeitsstelle.

[…] Ein Teil der transsexuellen und transgender Menschen berichtete von traumatischen Erlebnissen bei medizinischen Anpassungen, Genitaloperationen, Hormonbehandlungen, Gutachter-, Behörden- und Gerichtsverfahren sowie bei Begleittherapien und Alltagstests.
Nahezu alle intersexuellen Menschen stimmten der Aussage, dass geschlechtszuweisende Genitaloperationen an intersexuellen Kindern in jedem Fall verboten und strafrechtlich verfolgt werden sollten, voll zu.

[…] Am höchsten war der Anteil der Alleinlebenden bei transsexuellen Menschen mit 52 %. Den geringsten Anteil hatten lesbische Frauen mit 20 %. […]
Geringe Einkommen bis 1 300 Euro fanden sich insbesondere bei transsexuellen Menschen mit einem Anteil von 47 % […]
Die Teilnehmenden wurden gefragt, ob sie in den letzten 5 Jahren aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität negative Reaktionen wie zum Beispiel Benachteiligungen, Ablehnungen oder Ausgrenzungen erfahren hatten. [...] Am höchsten waren die Anteile der Menschen mit negativen Erfahrungen in den Gruppen der transgender Menschen mit 69 % und der transsexuellen Menschen mit 63 %

[…] 85 % der TTIQ-Menschen gaben an, nicht ernst genommen oder nicht anerkannt zu worden zu sein. [...]. Am häufigsten erlebten betroffene transsexuelle Menschen zu je 73 % Bloßstellungen und unfreiwillige Outings.
[…] 58 % der Teilnehmenden berichteten von Kontaktvermeidungen und 43 % von Ausgrenzungen und Ausschlüssen. Besonders oft waren transsexuelle und transgender Menschen betroffen.
[…] Deutliche Unterschiede gab es in den Bereichen Ämter und Behörden sowie Gesundheit und Pflege. […] Insbesondere transsexuelle Menschen berichteten zu 57 % von negativen Erlebnissen auf Ämtern und Behörden. Im Bereich Gesundheit und Pflege erfuhren insbesondere transsexuelle und transgender Menschen zu 55 % und 50 % negative Reaktionen.
[…] Auf die Frage, ob Sie innerhalb der letzten 5 Jahre negative Reaktionen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität erfuhren, antworteten 77 % der Personen, die eine Schule oder Berufs- oder Fachschule besuchten und 57 % der Studierenden mit Ja.

[…] Von Verweigerungen des Kunden- und Klientenkontakts waren transsexuelle Menschen und von Kündigungen transsexuelle und aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität queere Menschen am häufigsten betroffen. Weniger Gehalt sowie sexuelle Belästigungen erlebten insbesondere transsexuelle Menschen und Bedrohungen und Erpressungen transsexuelle und transgender Menschen.
[…] von negativen Reaktionen am Arbeits- oder Ausbildungsplatz [...] berichteten transsexuelle Menschen jeweils am häufigsten.
[…] Weniger als die Hälfte bzw. 49 % der betroffenen Teilnehmenden gab an, dass die Justiz ihren Fall sachlich und kompetent bearbeitete. Demgegenüber gaben nahezu ebenso viele bzw. 45 % der Teilnehmende an, dass dies weniger oder überhaupt nicht der Fall war.”

Den kompletten Bericht aus Baden Württemberg kann man hier herunterladen, zum Vergleich die Studie aus NRW hier und den Menschenrechtsbericht von ATME hier (oder rechts, neben dem Artikel).



Das Andalusische Gesetz - Deutsche Übesetzung

Wir ersparen uns jeglichen Kommentar und zitieren im Folgenden aus der Begründung des Gesetzes.
Am Schluss findet sich ein Download-Link mit dem Andalusischen und dem Argentinischen Gesetz (wir schrieben dazu im Dez. 2011 und im Mai 2012.

"UMFASSENDES GESETZ ZUR NICHTDISKRIMINIERUNG AUS GRÜNDEN DER GESCHLECHTSIDENTITÄT UND ANERKENNUNG DER RECHTE VON TRANSSEXUELLEN PERSONEN IN ANDALUSIEN

Gesetz Nr. 2/2014. Beschlossen durch das Plenum des Parlaments am 25. Juni 2014. Parlamentsbericht Nr. 84. Verabschiedet am 8. Juli 2014. INKRAFTTRETEN 19. Juli 2014.

[Inhaltsverzeichnis]

Begründung

Transsexualität ist kein neuzeitliches Phänomen. Sie existiert schon immer und in allen Kulturen der Menschheit.

Die Antworten, die die verschiedenen Gesellschaften auf diese Realität des Menschen gegeben haben, waren über die Zeit hinweg und in den verschiedenen geografischen Zonen unserer Erde sehr unterschiedlich. Bis in unsere Tage hinein sind, neben vielen weiteren, die Traditionen der Muxe in Mexiko, der Fa’afafine in Samoa oder der Hijra in Indien bekannt. Einige Gesellschaften haben in höherem oder geringerem Maße diese Realität akzeptiert und soziale Mechanismen und Gesetze entwickelt, die die Integration transsexueller Personen in der Gesellschaft fördern. Andere haben in unterschiedlichem Maße Ablehnung von und Unterdrückung gegenüber Transsexualität gezeigt, indem sie schwere Menschenrechtsverletzungen gegenüber transsexuellen Personen begangen haben.

Die Definition des Geschlechts eines Menschen geht über die visuelle Beurteilung seiner äußeren Geschlechtsorgane zum Zeitpunkt der Geburt hinaus und ist kein rein biologisches, sondern ein vor allem psychosoziales Konzept – wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den Urteilen der Großen Kammer vom 11. Juli 2002 zu den Fällen Christine Goodwin gegen das Vereinte Königreich und I. gegen das Vereinte Königreich urteilte.
[...]

Hinsichtlich ihrer individuellen Wesensart sind das Verhalten und die Entwicklung aller transsexuellen Menschen Ausdruck ihres Kampfes für die Anerkennung und Akzeptanz ihrer eigenen Identität sowie für ihre soziale Entwicklung innerhalb jenes Geschlechtes, dem sie sich zugehörig fühlen. Die Schwierigkeiten, denen sie in diesem Prozess gegenüberstehen, sind unzählbar und verschiedenster Art, und das dadurch verursachte Leid ist groß. Deshalb ist es wichtig, einen normativen Rahmen zu schaffen, der diesen Prozess erleichtert, indem die schrittweise Anpassung des Menschen und die vollständige Entfaltung seiner menschlichen Potenziale ermöglicht werden.

Die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) der Weltgesundheitsorganisation wertete Homosexualität erstmals in der ICD-10 von 1977 als psychische Krankheit, entfernte sie jedoch schließlich 1990 aus der ICD-10, nachdem Studien gezeigt hatten, dass die sexuelle Orientierung keine Krankheit ist. Der Fokus bewegte sich anschließend hin zu den transsexuellen Identitäten, die als neue Klassifikationen psychischer Krankheiten und Verhaltensstörungen eingeführt wurden. Sie wurden in den diagnostischen und statistischen Leitfaden psychischer Störungen DSM-IV-R und in die CIE-10, die von der American Psychiatric Association (APA) bzw. der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt wurden, aufgenommen und als „Geschlechtsidentitätsstörung“ oder „Störung der Geschlechtsidentität“ eingestuft. Die medizinische Diagnose der Transsexualität lautet „Geschlechtsdysphorie“.

Allerdings können wir angesichts des neuen internationalen Leitfadens DSM-V und der letzten Berichte und Resolutionen der Vereinten Nationen einen substanziellen Wandel feststellen. Im Juni 2011 hat der Menschenrechtsrat die Resolution 17/19 verabschiedet, die erste Resolution der Vereinten Nationen zu Menschenrechten, sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität. Ihre Verabschiedung öffnete die Tür zum ersten offiziellen Bericht der Vereinten Nationen zu diesem Thema, der vom Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte erarbeitet wurde und den Titel „Diskriminierende Gesetze, Praktiken und Gewalthandlungen gegen Einzelpersonen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität“ trägt, und zum neuesten Bericht „Frei und gleich geboren: Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität in den internationalen Menschrechten“.

Die Zahl der ExpertInnen und ForscherInnen, die eine Depathologisierung der Transsexualität vertreten, steigt, ebenso wie die Yogyakarta-Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität, die im Prinzip 18, das sich dem Recht auf Schutz vor medizinischer Misshandlung widmet, fordern: „Entgegen anders lautender Beurteilungen sind die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität eines Menschen an und für sich keine Erkrankungen und sollen daher nicht behandelt, geheilt oder unterdrückt werden.“
Alle Menschen, die zugleich biologische, soziale und kulturelle Wesen sind, sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren, wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in Artikel 1 erklärt, deren starker Nachhall die spanische Verfassung durchdringt, die in Artikel 10.1 die Würde des Menschen gemeinsam mit seinen unverletzlichen Rechten, die ihr innewohnen, und der freien Entfaltung der Persönlichkeit als „die Grundlagen der politischen Ordnung und des sozialen Friedens“ erfasst. Der EU-Grundrechtecharta zufolge ist die Union gegründet „auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität.“, sie erkennt in Artikel 1 die Würde des Menschen als unantastbar an, die es zu achten und zu schützen gilt.

Die Würde der Menschen wird durch ihren subjektiven Charakter gefestigt und fordert sowohl Respekt gegenüber ihrer Sphäre der persönlichen Selbstbestimmung, frei von Eingriffen und Diskriminierungen, als auch die Herstellung der notwendigen Bedingungen für die freie Entwicklung der Persönlichkeit, mit der sie untrennbar als Grundlage der Rechte verknüpft ist. Unter dieser Bedingung ist die Würde des Menschen auch fundamentale Konstante der Handlungen des Verfassungsstaates und der demokratischen Gesellschaft, die von der Staatsgewalt auf allen Ebenen nicht nur eine Haltung des Respekts fordert, sondern auch die positive Haltung, zur Herstellung der notwendigen Bedingungen für ihre tatsächliche Verwirklichung beizutragen.

Dieses und kein anderes ist das klare Fundament, auf dem diese Menschen mit allen Mitteln der Staatsgewalt eine gesetzliche Regelung fordern, die ihnen geschuldet wird. Eine Regelung, die jedem dieser Menschen die Möglichkeit gibt, frei über die Bestimmung des Geschlechts zu entscheiden, mit dem er sich identifiziert, mit allen Konsequenzen, Manifestationen und Auswirkungen, die diese Entscheidung mit sich bringt; nämlich:
  1. Recht auf das Verändern, gegebenenfalls durch verfügbare medizinische Ressourcen, des eigenen Körpers, um ein Erscheinungsbild zu erzielen, das mit dem Geschlecht, mit dem man sich identifiziert, bestmöglich übereinstimmt.
  2. Recht auf das Führen eines persönlichen und sozialen Lebensstils, der ebenso bestmöglich mit dieser Identität übereinstimmt und ihr entspricht.
  3. Recht auf die gleiche Behandlung wie jeder andere Mensch in allen Belangen ohne jegliche Form von Diskriminierung

Dies sind die Gründe, die in den letzten Jahren nach einem langen Prozess des Kampfes für die Rechte der Gruppen von transsexuellen Menschen – ein noch immer andauernder Kampf – zu einer größeren Sensibilität der Gesellschaft und der Rechtsordnung für die Erhörung ihrer Forderungen nach einer Beendigung der jahrhundertelangen Diskriminierung als gesellschaftliche Gruppe geführt haben, indem die zuvor dargelegten Ansätze zur Wahrung der Menschenwürde in den damit identischen Kontext der Gleichheit vor dem Gesetz gestellt wurden.

[...]
Das Autonomiestatut für Andalusien (Estatuto de Autonomía para Andalucía) enthält einerseits in Artikel 14 ein allgemeines Verbot der Diskriminierung, in dem neben anderen verwerflichen Gründen für Diskriminierung die sexuelle Orientierung genannt wird, andererseits formuliert es ein spezifisches subjektives Recht jedes Menschen „auf Respektierung seiner sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität“ und schreibt zugleich eine Verpflichtung des Staates vor, politische Maßnahmen in die Wege zu leiten, um die Ausübung dieses Rechtes zu gewährleisten (Artikel 35). Gleichermaßen nennt Artikel 37.1.2 als Leitprinzip der öffentlichen Politik der Autonomen Gemeinschaft unter anderem den Kampf gegen Sexismus und Homophobie, „insbesondere durch eine Werteerziehung, welche Gleichheit, Toleranz, Freiheit und Solidarität fördert“. Und schließlich verweist Artikel 43.2 des Gesetzes 12/2007 vom 26. November zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in Andalusien (Ley 12/2007, de 26 de noviembre, para la promoción de la igualdad de género en Andalucía) auf die Pflicht der öffentlichen Politik in Andalusien, politische Maßnahmen zu ergreifen, um notwendige Schritte zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen der geschlechtlichen Orientierung und Transsexualität zu fördern, um die individuelle Entscheidungsfreiheit zu garantieren.

Dieses Gesetz setzt für den Bereich unserer Autonomen Gemeinschaft bei der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2012 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010–2011) an und konkretisiert diese. Die Entschließung missbilligt in ihrer Allgemeinen Empfehlung 98, „dass Transgenderpersonen in vielen Mitgliedstaaten noch immer als psychisch krank betrachtet werden“, fordert die Mitgliedstaaten auf, „rechtliche Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit auf der Grundlage des argentinischen Modells einzuführen oder zu überarbeiten und die Voraussetzungen (einschließlich Zwangssterilisation) für die Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit zu überprüfen“, und fordert die Kommission und die Weltgesundheitsorganisation auf, „Störungen der Geschlechtsidentität von der Liste der psychischen und Verhaltensstörungen zu streichen und […] eine nicht pathologisierende Neueinstufung sicherzustellen“.

Damit folgt das Gesetz innerhalb des Kompetenzbereichs der Autonomen Gemeinschaft jener fortschrittlichsten gesetzgeberischen Entwicklung, auf die in der genannten Entschließung hingewiesen wird, nämlich dem Gesetz 26.743 der Argentinischen Republik vom  23. Mai 2012 zur geschlechtlichen Identität (Ley 26.743, de Geschlechtliche Identität, de Argentina, promulgada el 23 de mayo de 2012).

Das Gesetz [...] wird innerhalb eines normativen Paradigmas erlassen, das sich von jenem unterscheidet, dem andere Normen im vergleichenden oder eigenständigen Überblick der Anerkennung dieses Rechts folgen, nämlich seine vollständige „Depathologisierung“, das heißt, es wird die Betrachtung der Transsexualität als Krankheit aufgegeben, für die eine rechtliche Lösung gefunden werden soll, da keine „Heilung“ für sie existiere, und aus diesem Grund wird die Ausübung des Rechts abgelöst von der Notwendigkeit einer vorherigen medizinischen Diagnosestellung [...]
Andalusien war Vorreiter bei der Leistung spezifischer medizinischer Versorgung für Transsexuelle. Dennoch besteht [...] die Notwendigkeit, die medizinische Versorgung an die neuen gesellschaftlichen Erwartungen anzupassen, wobei in jedem Fall die Grundsätze der Sicherheit, Qualität und Barrierefreiheit zu gewährleisten sind. Dies veranlasst uns, die Anwendung von Forschung und wissenschaftlichen Belegen in den klinischen Bereich einfließen zu lassen und die medizinische Versorgung der Menschen zu dezentralisieren, um Anfahrtswege zu reduzieren und eine menschlichere Gestaltung der Versorgung zu gewährleisten.

Um allerdings noch größere Fortschritte zu erzielen, wird das Gesetz innerhalb eines umfassenden Ansatzes umgesetzt, um alle Bedürfnisse von transsexuellen Personen zu erfüllen, indem die einzelnen Elemente ausgearbeitet werden, um sie anschließend in Form von Regelungen, Verfahren und anderen notwendigen Maßnahmen zu entwickeln und zu konkretisieren. Als Maßnahmen sind daher die gesellschaftliche und der Transphobie entgegenwirkende Integration und Eingliederung vorgesehen; die Beratung, Orientierung, Unterstützung und Verteidigung der anerkannten Rechte sowie der Kampf gegen Diskriminierung im sozialen, medizinischen, kulturellen, beruflichen und Bildungsbereich; der spezifische Schutz transsexueller Frauen (doppelte Diskriminierung); Befähigung und Sensibilisierung der Angestellten in öffentlichen Behörden in Andalusien; Förderung des Vereinswesen, Selbsthilfenetzwerke; Vermeidung von Stereotypen und ihrer Verbreitung durch Medien; Förderung der Ausbildung und Forschung in den andalusischen Universitäten hinsichtlich der geschlechtlichen Selbstbestimmung; soziale Teilhabe; Vertrauen und Schutz personenbezogener Daten; Erteilung von kostenlosem Zugang entsprechend der geschlechtlichen Identität zu öffentlichen Diensten ohne Veränderung der Rechten und Pflichten; medizinische Versorgung durch den andalusischen Gesundheitsdienst (Servicio Andaluz de Salud)  mithilfe von Zugriff auf bereitstehende Mittel mit der geschlechtlichen Identität entsprechender Behandlung und informierter Einwilligung; spezifische Ausbildung von klinischem Personal; Erstellung von Begleitindikatoren zu Behandlungen, Therapien, Eingriffen, technischen Indikatoren und anderen; Antidiskriminierungsmaßnahmen zur Antidiskriminierung im beruflichen Bereich und aktive Beschäftigungspolitik; diverse Maßnahmen im Bildungsbereich und Koordinierung mit dem Gesundheitswesen in Bezug auf Minderjährige, die eine geschlechtliche Identität aufweisen, die sich vom bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht unterscheidet; Hilfe und Schutz für Opfer von Verbrechen, insbesondere wenn es sich um durch Hass motivierte Straftaten wegen geschlechtlicher Identität, des Ausdrucks des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung handelt, mit Zugang zu Diensten der Unterstützung und des Schutzes bei geschlechtsspezifischer Gewalt; und weitere.

Minderjährige, benötigen aufgrund ihrer in der Entwicklung befindlichen körperlichen, geistigen und seelischen Reife besonderen Schutz und Fürsorge. Daher genießen Sie einen besonderen Schutz und haben, durch das Gesetz und andere Mittel vorgesehen, Zugang zu Möglichkeiten und Einrichtungen, um sich körperlich, geistig, moralisch, spirituell und sozial auf gesunde und vollständige Weise sowie unter freien und würdigen Bedingungen entwickeln zu können.

Die Befolgung der Bestimmungen der Erklärung der Rechte des Kindes von 1959 in der UN-Kinderrechtskonvention von 1989, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union von 1992 und der Charta für Kinder im Krankenhaus von 1986, die allen Kindern dieselben Rechte zusprechen, ist zwingend. Dies schließt das Recht auf Anerkennung ihrer eigenen geschlechtlichen Identität im Prozess der Persönlichkeitsbildung ein.

Artikel 18.1 des Autonomiestatuts für Andalusien bestimmt: „Minderjährige Personen haben das Recht, seitens der öffentlichen Politik von Andalusien notwendigen Schutz und umfassende Versorgung zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit und zu ihrem Wohlergehen im familiären, schulischen und sozialen Bereich zu erhalten, und die gesellschaftlichen Leistungen wahrzunehmen, die ihnen gesetzlich zustehen.“

Das Gesetz 1/1998 vom 20. April über die Rechte und die Versorgung Minderjähriger (Ley 1/1998, de 20 de abril, de los derechos y la atención al menor), das vom andalusischen Parlament verabschiedet wurde, bestimmt in Artikel 9.1, dass „die öffentlichen Behörden Andalusiens die notwendigen Maßnahmen für die vollständige persönliche Entwicklung und soziale und schulische Integration alle Minderjährigen und insbesondere jener, die aufgrund ihrer besonderen körperlichen, psychischen oder sozialen Umstände anfällig für eine diskriminierende Behandlung sind,“ zu ergreifen.

Dieses Gesetz konkretisiert den rechtlichen Schutz, der den überlegenen Rechten von Minderjährigen zuteil wird, um  der Ablehnung durch das schulische, soziale und familiäre Umfeld mit Nachdruck entgegenzutreten. Die Maßnahmen schließen die Hinzuziehung von Rechtsberatung, psychologischer und sozialer Unterstützung sowohl für Minderjährige als auch Angehörige, insbesondere deren Eltern oder Lehrer, ein als auch die ausdrückliche Anerkennung des Rechtes der Minderjährigen, ihre eigene geschlechtliche Identität zu entfalten, auch wenn diese sich vom bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht unterscheidet."





Download: Die Gesetze von Andalusien und Argentinien (Deutsch)