Presserat mahnt zur Sorgfaltspflicht

Die Aktion Transsexualität setzt sich sich immer wieder für wahrheitsgetreue Berichterstattung über Transsexualität und einen respektvollen Umgang mit der Geschlechtsidentität von transsexuellen Menschen ein. Der Deutsche Presserat hat erneut eine Beschwerde von ATME e.V. ernst genommen und sprach nun einen Hinweis gegen die Frankfurter Rundschau aus. In einem Artikel vom 26. März 2010 wurde behauptet, das Transsexuellengesetz sichere die Übernahme medizinischer Leistungen durch die Krankenkassen.

So behauptete die Frankfurter Rundschau folgendes: "Eine Geschlechtsangleichung durch Hormontherapie und Operation steht Trans-Menschen nach dem Transsexuellengesetz zu und wird von der Krankenkasse übernommen. [...]". Die Leistungspflicht der Krankenkassen ergibt sich allerdings nicht aus dem Transsexuellengesetz. So regelt das "Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen" lediglich die Änderung der Papiere, an die per Gesetz mehrere Bedingungen geknüpft werden - wie u.a. die Bedingung der Fortpflanzungsunfähigkeit oder sich vorher für mehrere tausend Euro eine Identitätsstörung bescheinigen lassen zu haben.

Der Presserat erklärt nun:

"Hinsichtlich der Beschwerde über Ziffer 2 des Pressekodex äussert sich der Beschwerdeausschuss dahingehend, dass er hier einen Verstoss erkennt. [...] Ziffer 2 des Pressekodex fordert, dass vor der Veröffentlichung Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben sind. Den vorliegenden Satz kann der nicht vorgebildete Leser tatsächlich so lesen, als würde in dem Transsexuellengesetz bestimmt, dass eine Geschlechtsangleichung mit Hormontherapie und Operation durch die Krankenkasse übernommen werde. Dies ist nicht der Fall [...]"


In Ziffer 2 des Pressekodex heisst es u.a.: "Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Information in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben".

Zu einer wahrheitsgetreuen Berichterstattung gehört auch, die rechtliche und medizinische Situation der transsexuellen Menschen nicht schöner darzustellen, als sie in der Realität ist. Gute Recherche ist eine Voraussetzung für eine mediale Auseinandersetzung mit den Problemen, mit denen sich transsexuelle Menschen heute noch durch medizinische und rechtliche Regelungen konfrontiert sehen und für ein Erkennen der Menschenrechtsverletzungen, die sich auch aus dem bestehenden Transsexuellengesetz ergeben.

Bereits im Jahr 2009 folgte der Deutsche Presserat bereits zweimal u.a. der Aktion Transsexualität und Menschenrecht in seinen Entscheidungen. So appellierte er im Frühjahr des letzten Jahres an die Redaktionen, "sorgfältig mit dem Thema Transsexualität umzugehen." und sprach erst vor kurzem ein Hinweis gegen den Focus aus, in welchem darauf hingewiesen wurde "insbesondere bei der Berichterstattung über transsexuelle Menschen auf die Anwendung des richtigen Geschlechtsartikels" zu achten. Eine transsexuelle Frau wurde vom Magazin Focus in dem beanstandeten Artikel mit männlichen Personalpronomen belegt.