Mehr Mut zur Online-Beschwerde

Nachdem die Medienberichterstattung in Deutschland des öfteren einen Respekt vor der Geschlechtsidentität transsexueller Menschen vermissen lässt - so werden in regelmässigen Abständen transsexuelle Frauen als "er" oder "Transsexueller" bezeichnet, obwohl das Bundesverfassungsgericht folgendes verlauten liess: "Eine Person, die nach der 'kleinen Lösung' des Transsexuellengesetzes ihren Vornamen geändert hat, muß mit der dem Vornamen entsprechenden geschlechtsspezifischen Anrede angesprochen werden. " Bundesverfassungsgericht - Beschluß vom 15.08.96, 2 BvR 1833/95 - hier eine kleine Bastelanleitung im Kurs "Respekt vor transsexuellen Menschen in den Medien", nämlich ein Linktipp:

http://www.presserat.info/301.0.html

Es handelt sich um das Online-Beschwerde-Formular des Deutschen Presserates. Der Deutsche Presserat ist quasi die Selbstkontrolle der Deutschen Medien, der Verstösse gegen den Pressekodex gemeldet werden können. Zwar hatte ATME e.V. den Eindruck, dass der Presserat mitunter bislang selbst wenig Ahnung von transsexuellen Menschen und deren Rechten hat, aber so etwas kann ja auch daran liegen, dass zu wenig Menschen von ihrem Recht Gebrauch machen, Verstösse gegen den Pressekodex zu melden. Das lässt sich ändern...

Hier gibt es den Pressekodex zum Download:
http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf

Folgende drei Ziffern scheinen uns bei einer Beschwerde am wichtigsten zu sein:

Ziffer 1 - Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

Ziffer 2 - Sorgfalt

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.

Ziffer 12 - Diskriminierungen

Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.


Kommentar: Ansatzpunkte für eine Beschwerde wären hier z.B. folgende...

Eine transsexuelle Frau ist eine Frau (ein transsexueller Mann ein Mann) - die Wahl der Personalpronomen sollte sich danach richten, spätestens nach der Vornamensänderung gibt es dazu einen Rechtsanspruch. Siehe: Bundesverfassungsgericht - Beschluß vom 15.08.96. Eine transsexuelle Frau als "Mann" zu bezeichnen, ist daher eine Unwahrhaftigkeit im Sinne des Pressekodex und ein Verstoss gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.

Und weiter... Die früheren Vornamen eines transsexuellen Menschen dürfen nur mit seiner Einstimmung veröffentlicht werden. Bleibt diese persönliche Zustimmung aus, dürfen Medien einen alten Vornamen nicht veröffentlichen. Siehe: §5 Offenbarungsverbot, Transsexuellengesetz. Es verstösst gegen die Sorgfaltspflicht eines Redakteurs, wenn er sich nicht mit dem Transsexuellengesetz beschäftigt.

Dies sind nur zwei Beispiele für Möglichkeiten sich beim Deutschen Presserat zu beschweren, wenn Medien diskriminierend über transsexuelle Menschen äussern (weitere einfach Beispiele sind bei ATME immer herzlich willkommen. Schreibe dazu einfach eine Mail - die Adresse findest du hier: Kontakt). Wer also der Ansicht ist, dass in Beiträgen transphobes Gedankengut zu finden ist, sei auf das herzlichste ermutigt dazu, selbst aktiv zu werden und sich an den Deutschen Presserat zu wenden. Hat eine Beschwerde Erfolg, so kann der Presserat folgende Sanktionen aussprechen (aus wikipedia):

Hinweis

ergeht an die betreffende Redaktion bei geringeren Verstößen gegen den Kodex, nicht-öffentlich

Missbilligung
    
ergeht für schwerere Verstöße gegen den Kodex, nicht-öffentlich. Nach § 15 Beschwerdeordnung besteht keine Pflicht, Missbilligungen in den betroffenen Publikationsorganen abzudrucken. Als Ausdruck fairer Berichterstattung empfiehlt der Beschwerdeausschuss jedoch eine solche redaktionelle Entscheidung.

Rüge

härtestes Sanktionsmittel: Öffentliche Rügen muss das Medium abdrucken. Nicht öffentliche Rügen werden ausgesprochen bei schwerwiegenden Verstößen, wenn sich eine weitere Veröffentlichung aus Gründen des Opferschutzes verbietet.


Wenn keiner was gegen Transphobie unternimmt, wird sie auch nicht weniger... daher: nur Mut, wem ein transphober Artikel über den Weg läuft! Beschwerden nimmt der Presserat im übrigen auch bei Veröffentlichungen im Internet entgegen, wenn es sich um die "online"-Ausgaben von Printmedien handelt. Tageszeitungen, Magazine, usw. die transphobe Artikel im Internet veröffentlichen, können also vom Deutschen Presserat bearbeitet werden.

Viel Vergnügen.