ATME reicht Beschwerde über RTL ein

RTL brachte - wieder einmal - einen Bericht der von transphoben Äußerungen nur so wimmelte. So wird die Frau, über welche berichtet wird, gleich zu Beginn als ein exzentrischer Mann bezeichnet, der sich gerne wie eine Frau kleidet. Und auch im weiteren Verlauf lässt RTL keine Zweifel an seinen transphoben und transsexuelle Menschen verachtenden Einstellung: Dieser Exzentriker, der gerne eine Frau sein will muss ganz schön verrückt sein. Hier aus dem Originaltext:
„Ein junger Mann, der es liebt, sich wie ein Mädchen zu kleiden. Das ist Dennis. ... Schon im Alter von 5 Jahren war sein Hang zur Exzentrik deutlich erkennbar. Dennis fühlte sich schon immer als kleine Diva ... Die ersten Versuche als Dragqueen machten Dennis viel Spass. ... "
Dass es sich bei der dargestellten Person um eine Frau handelt möchte RTL einfach nicht respektieren und spricht immer von "Dennis", obwohl die Frau "Daisy" heißt.

Das ist zuviel. Die transphobe Berichterstattung im Fernsehen muss endlich einmal aufhören.

Schon der deutsche Presserat schrieb:
"Der Deutsche Presserat appelliert an Redaktionen, sorgfältig mit dem Thema Transsexualität umzugehen. Hintergrund sind mehrere Beschwerden zu der Berichterstattung über das „Dschungelcamp" (RTL) und die dort teilnehmende Lorielle London, eine transsexuelle Frau, ... Der zuständige Beschwerdeausschuss bittet in diesem Zusammenhang die Presse, in Fällen von Transsexualität bei Vokabular und Beschreibung der Personen sorgfältig und respektvoll vorzugehen. So ist es z. B. nicht korrekt, Transsexuelle als Transvestiten darzustellen. Der persönliche, oft mit schwierigen Umständen einhergehende Hintergrund transsexueller Menschen sollte ernst genommen werden und nicht zu Wortspielen und dem Benutzen falscher Begriffe führen." (Pressemitteilung vom 06.03.2009)

Dass das Fernsehen immer mehr zu menschenrechtlich bedenklichen Mitteln greift, um Einschaltquoten zu bekommen, bemerkt auch die Gesamtkonferenz der Landesmedienanstalten. In ihrem Praxispapier "Zur Praxis und zur Bedeutung von Programmgrenzen für private Fernsehprogramme" bemerkt sie:
"2. Bei solchen Programmen handelt es sich meistens um Angebote, die die Aufmerksamkeit des Publikums dadurch finden wollen, dass sie vom Üblichen, vom Erwartbaren, vom Normalen abweichen. ... Einzelne Zuschauer oder auch Gruppen von Zuschauern fühlen sich durch die entsprechenden Angebote in ihren Gefühlen und Vorstellungen verletzt. ..."
Was für die Oliver Geissen Show zutrifft – und leider auch auf viele andere Formate, die bislang über transsexuelle Menschen berichteten, einschließlich der, des öffentlich rechtlichen Fernsehens.
Und weiter lesen wir:
"4. ... Kritisch ist auch zu bewerten, wenn gesellschaftliche Werte dem Interesse, ein möglichst großes Publikum zu unterhalten, geopfert werden. ...
8. Speziell wenn es um die Frage der Menschenwürde geht, führt das Argument der Freiwilligkeit als Rechtfertigung für eine uneingeschränkte „Benutzung“ von Menschen in Programmen in die Irre. Es ist nicht dem Belieben des einzelnen Akteurs überlassen zu bestimmen, wann er sich in seiner Würde verletzt fühlt. Es ist keine individuelle Entscheidung allein, was jemand vom Kernbereich seines individuellen menschlichen Lebens dem Blick Dritter preisgeben oder sogar anbieten möchte. Menschenwürde ist nicht abschließend subjektiv und individuell zu bestimmen. Sie enthält einen interpersonalen Kern, auf den man nicht verzichten, den man nicht abdingen kann. Andernfalls könnte sie auch nicht der Ausgangspunkt der Verfassung sein (Art 1 GG), die für alle Bürger gilt."

Als Antwort der Verantwortlichen Sendeanstalten hören wir übrigens des öfteren, dass sich die Porträtierten hier ja mit der Art und Weise der Darstellung einverstanden erklärt hätten. Dies ist in unseren Augen allerdings lediglich eine Alibiantwort, da es für jede diskriminierende Ansicht auch immer blauäugige Opfer gibt, die sich freiwillig für eine diskriminierende Berichterstattung hergeben. Eine solche Berichterstattung in unseren Augen eben nicht gerade deswegen „in Ordnung“, da es Opfer gibt, die sich hier per Zustimmung selbst diskriminieren lassen, sondern vielmehr eine massive Verletzung der Menschenwürde.
Peter Schaber, Professor für Angewandte Ethik und Leiter der Arbeits- und Forschungsstelle für Ethik im Ethik-Zentrum der Universität Zürich schreibt über die Verantwortung im Beachten der Menschenwürde folgendes:
„Wer sich selbst versklavt, erniedrigt sich, unabhängig davon, dass er dabei zusätzlich auch noch von anderen erniedrigt wird. 'Die Würde des Menschen ist unantastbar' nicht bloß in der anderen, sondern auch in der eigenen Person. Wer mich freiwillig darum bittet, ihn zu erniedrigen, liefert mir keinen Grund, ihn erniedrigen zu dürfen.“

Transsexuelle Menschen haben ein Recht darauf, dass ihre Würde nicht verletzt wird und sie sie selbst sein können. Es mag Menschen geben, die transsexuelle Menschen hassen und transphobe Ansichten haben. Diese dürfen sie aber keinesfalls in Medien verbreiten und damit einem unwissenden Publikum aufdrängen um so zur Verachtung von Minderheiten, wie transsexuellen Menschen, indirekt auf zu fordern.

In der Erklärung zu den Prinzipien der Toleranz der UNESCO heißt es:
"2.4 Intoleranz zeigt sich oft in Form von Marginalisierung schutzloser Gruppen ... Nach den Bestimmungen der Erklärung über Rasse und Rassenvorurteile "haben alle Personen und Gruppen das Recht, verschieden zu sein (UNESCO-Rassendeklaration vom 27.11.1978, Artikel 1.2)."

Sollten die Menschenrechte auch in Deutschland gelten, wovon wir ausgehen, wünschen wir uns, dass die Verstöße von RTL gegen die Menschenrechte geahndet werden.

(Den kompletten Text der Beschwerde kann man hier herunterladen)