Mona Lisa - ZDF reagiert auf Beschwerden

Im Oktober berichtete die Redaktion auf der Website des Frauenmagazins Mona Lisa über Transsexualität. Transsexuelle Menschen wurden vom ZDF als Menschen mit Identitätsstörung dargestellt und Werbung für das Begutachtungssystem, sowie Zwangstherapieen gemacht. Transsexuelle Menschen hatten sich an dieser einseitigen Berichterstattung gestört und Programmbeschwerde eingelegt. Laut Antwort des Intendanten Dr. Thomas Bellut hat das ZDF die betreffenden Passagen nun auf der Website entfernt.

Auf der Website von ML Mona Lisa hiess es beispiesweise "Transsexualität ist eine Störung der Identifikation mit dem angeborenen Geschlecht." oder "Wird die Identitätsstörung [...] bestätigt, dann zahlen die Krankenkassen die notwendigen Therapien.". Beide Aussagen sind falsch.

Immer wieder erreichen uns Berichten, in denen transsexuelle Menschen uns erzählen, dass sie auf Grund ihres Geschlechtes Hilfe beim Medizinsystem ersucht haben und erleben müssen, dass sie zwar als psychisch krank diagnostiziert wurden, aber andere Leistungen von den Krankenkassen verzögert oder verweigert werden. Grund dafür ist die Einteilung von Transsexualität als psychische Störung. Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. weist daher regelmässig auf einseitige Berichterstattung in den Medien hin. Das Bild vom "psychisch kranken" Transsexuellen, der sich eine "Geschlechtsumwandlung" wünscht, entspricht nicht der Realität, sondern dem Lobbyismus psycho-sexologischer Lobbygruppen.

Seit den 90er-Jahren wird in Deutschland verstärkt geleugnet, dass es transsexuelle Menschen als geschlechtliche Normvariante überhaupt gibt. Psycho-Sexologie-Lobbyisten, welche die Haltung haben, dass beispielsweise transsexuelle Frauen nur "Männer mit Identitätsproblem" seien traten verstärkt auf den Plan und verbreiteten ihre Thesen in der Öffentlichkeit. Unter dem Schutz von ProfessorInnentitel und dem Schein angeblicher Wissenschaftlichkeit verbreiten sie seit dieser Zeit, dass man transsexuellen Menschen nicht unbedingt körperlich behandeln müsse. Sophinette Becker, Psychoanalytikerin aus Frankfurt nennt die Verknüpfung von Transsexualität und medizinischen Massnahmen selbst 2012 (in HIV&More 2/2012) noch als "ad absurdum führende automatische Kopplung von Diagnose und Behandlungsindikation", was in etwa meint, dass ein transsexueller Mensch sich zwar als "psychisch krank" diagnostizieren lassen soll, aber noch lange nicht die Hilfe erhalten wird, weswegen er überhaupt den Schritt ins Behandlungszimmer gewagt hat. Becker spricht hier von "vielfältigen Lösungswegen" und meint damit auch, dass ein psychologischer Behandler letztendlich auch in Erwägung ziehen sollte, dass sein Patient auch ein "Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen" führen könne.

In den 90er Jahren erschien das DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), also die vierte Version des Buches, in welchem Transsexualität nun noch stärker als zuvor als Identitätsproblem definiert wurde. Grossen Einfluss an dieser Einteilung hatten auch Sexologen aus Deutschland.

Die Richtlinien der Krankenkassen, welche Massnahmen wann bewilligt werden sollen, sind in einem Papier des MDS, des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V., aufgeführt, das 2009 erschien. Dieses Papier beruft sich auf das DSM-IV. Hier heisst es, dass der "Behandler" nachvollziehbar deutlich zu machen haben, dass sich das "transsexuelle Erleben" im Einzelfall(!) zu einer "krankheitswertigen Störung" entwickelt(!) habe. "Geschlechtsangleichende Maßnahmen" seien nur dann zu zahlen, wenn eine Psychotherapie gescheitert sei. Das MDS-Papier bestätigt also dass es in Deutschland üblich ist, Zwangs- oder Umpolungstherapien an transsexuellen Menschen durchzuführen und diese Therapien Voraussetzung für weitere medizinische Leistungen sind, diese aber nicht garantiert seien.

In den letzten Jahren bekommt das Thema "Menschenrechte transsexueller Menschen" eine immer grössere Bedeutung - nicht zuletzt auch auf Grund der ATME-Menschenrechtsberichte. Das Thema Menschenrechte und geschlechtliche Minderheiten wurde, verfolgt man die Entwicklung der letzten Jahre, als Thema ziemlich populär. Verständlich ist es, dass diejenigen, die transsexuelle Menschen für "psychisch krank" halten und die Haltung "Psychotherapie anstatt körperlicher Massnahmen" haben, versuchen werden, ihre Sicht auch in den Medien zu plazieren. So wird man feststellen können, dass 2012 in mehreren Fernsehbeiträgen und Zeitungsartikeln die psychopathologisierenden Thesen der Psycho-Sexologie, die im DSM verankert sind, unkommentiert weiter verbreitet werden. Von "Jungs, die mit Puppen spielen" ist da die Rede und "Mädchen, die nicht mit Puppen spielen wollen". Man könnte sagen: Kostenlose Werbung für eine Weltanschauung, in denen transsexuelle Menschen für nich existent erachtet werden und als "psychisch krank" definiert sind.

Dass das ZDF die Beschwerden transsexueller Menschen ernst genommen hat, und die Werbung der "Geschlechtsidentitätsstörungs"-Lobby entfernt hat, ist ein kleiner Erfolg. Eine kritische öffentlich-rechtliche Berichterstattung, die der Frage, warum transsexuelle Menschen heute noch medizinisch entmündigt werden, indem man ihnen eine "Geschlechtsidentitätsstörung" andichtet, um ihnen medizinische Leistungen verweigern zu können, wäre aber noch viel wichtiger.