UN kritisiert Pathologisierung und Transsexuellengesetz

Das Menschenrechts-Komittee der Vereinten Nationen, das die Einhaltung des Sozialpaktes (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) überwacht, veröffentlichte nun seine abschließenden Bemerkungen zum Verfahren über die Einhaltung des Sozialpaktes durch Deutschland. Darin wird die Pathologisierung und Diskriminierung transsexueller und intersexueller Menschen als sehr besorgniserregend beschrieben und Deutschland zur Änderung dieser Situation aufgefordert.

Wie wir bereits berichteten, fand Anfang Mai (2. - 9. Mai 2011) in Genf beim Hochkommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen, eine Überprüfung der Einhaltung des Sozialpaktes statt. Deutschland erklärte bereits 1973 den Sozialpakt zum Teil des deutschen Rechts machen zu wollen und auch soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte vor deutschen Gerichten einklagbar zu machen - was bis heute jedoch nicht geschah.

Auch ATME war in Genf und stelle dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen seinen Menschenrechtsbericht vor. Schon während der Befragung Deutschlands durch das Komitee der UN, fanden die Regierungsvertreter zum Thema transsexuelle Menschen nur ausweichende Antworten, das Thema Intersexualität wurde völlig ignoriert, trotz mehrerer Nachfragen durch Mitglieder des UN-Ausschusses.

In den nun bekannt gewordenen Abschließenden Bemerkungen zur Einhaltung des Sozialpaktes durch Deutschland, wird die Bundesregierung nun nochmals schriftlich durch das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen aufgefordert, den Missstand betreffend transsexueller und intersexueller Menschen endlich zu beenden. Wörtlich heißt es in dem Papier der Vereinten Nationen:

Der Ausschuss bemerkt mit Sorge, dass transsexuelle und intersexuelle Menschen oft als Menschen mit geistiger Erkrankung betrachtet werden und dass die politischen Maßnahmen des Vertragsstaates, gesetzgeberische und andere, zur Diskriminierung dieser Menschen geführt haben, wie auch zu Verletzungen ihrer geschlechtlichen und reproduktiven Gesundheitsrechte. (Art. 12, 2.2).
Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dringend auf, Maßnahmen, gesetzgeberische oder sonstige, zur Identität und Gesundheit transsexueller und intersexueller Menschen zu ergreifen, mit dem Ziel sicher zu stellen, dass sie nicht länger diskriminiert werden und dass ihre persönliche Integrität und ihre geschlechtlichen und reproduktiven Gesundheitsrechte geachtet werden. Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat auf, für dieses Ziel die transsexuellen und intersexuellen Menschen umfassend mit ein zu beziehen.

Bedenkt man, dass Deutschland - die jetzige Bundesregierung  - bereits zwei Aufforderungen verschiedener Menschenrechtsausschüsse der Vereinten Nationen, sich mit uns zusammen zu setzen und die Diskriminierungen zu beenden, ignorierte, wäre es doch schade, wenn das so weiter geht, und Deutschland die Menschenrechte transsexueller und intersexueller Menschen weiterhin missachtet. Mit der nun erneuten Aufforderung der Vereinten Nationen, endlich die Diskriminierungen zu beenden, kann nun gearbeitet werden.

Die wichtigsten Dokumente zu diesem Artikel:
- Der Menschenrechtsbericht von ATME e.V. zur Situation transsexueller menschen
- Der Menschenrechtsbericht vom Verein intersexuelle Menschen e.V.
- Der UN-Sozialpakt
- Die Abschließenden Bemerkungen des UN-Menschenrechtskomitees (auf der Seite des Deutschen Instituts für Menschenrechte)

Hintergrund:

Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. war Anfang Mai in Genf um bei den Vereinten Nationen u.a. die Abschaffung der psychiatrischen Zwangsbegutachtungen, die heute noch im sogenannten Transsexuellengesetz verankert sind, einzufordern. Eine komplette Liste der Forderungen ist unter folgendem Link einsehbar: Forderungen.