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Stellungnahme zum einem Gesetzesentwurf der FDP

Folgende Stellungnahme bezieht sich auf diesen Gesetzentwurf:

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung, 23.1.2020

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag Lisa Kreusch,

herzlichen Dank für die Übersendung des Diskussionsentwurfs. Ganz grundsätzlich möchten wir uns für ihr Engagement und die Thematisierung der Fragen um Geschlecht und deren gesetzlichen Regelungen bedanken.

Wir haben uns überlegt, inwieweit wir uns überhaupt zu dem vorliegenden Entwurf in den Details äußern können, da wir Probleme bereits im grundsätzlichen Elementen sehen. Auf diese möchten wir dringend eingehen.

Der Mensch in seinem Geist und Verstand soll grundsätzlich bei den Dingen im Vordergrund stehen. Um dabei die Würde und Integrität zu wahren ist eine Perspektive einzunehmen, die nicht auf einer Außensicht und Gruppenschaffung basiert, sondern aus der Sicht des Individuums erfolgt. Gesetze und Regelungen, die im Zusammenhang mit Geschlecht auf der Perspektive „Du bist was Ich sehe“ und „Körper=Geschlecht“ aufbauen, entsprechen nicht menschenrechtlichen Grundsätzen.

So baut die in ihrem Entwurf tragende Vorstellung leider auf dieser menschenunfreundlichen Vorstellung auf. Indem Menschen eine „selbstbestimmte Geschlechtsidentität“ zugestanden wird (was im Übrigen so sinnhaft wie die Forderung nach einem „selbstbestimmten Musikgeschmack“ ist), wird ein Verständnis weiterverbreitet und festgeschrieben, als ob eine „Geschlechtsidentität vom Geschlecht abweicht“. Durch die Verankerung eines „Geschlechtsidentitätsgesetzes“ (GiG) wird diese Vorstellung von Körper/Genital=Geschlecht auf unbestimmte Zeit festgeschrieben und alle Bemühungen von Menschenrechtsvereinen und engagierten Menschen zunichte gemacht, diese Ursache für Diskriminierung, das Leid und den Schmerz betreffender Menschen gesellschaftlich zu eliminieren.

Entsprechend dieser Vorstellung von Geschlecht, werden beispielsweise Menschen mit Transsexualität, als „Männer die sich als Frau fühlen“ oder „Frauen die sich als Mann fühlen“ in ihrem Geschlecht aberkannt – ihnen wird eine vom („biologischen“) Geschlecht abweichende „Geschlechtsidentität“ zugeschrieben. Die von ihnen gewünschte „geschlechtliche Selbstbestimmung“ wird damit ad absurdum geführt, indem die Aussage von Menschen über ihr Geschlecht in eine Aussage einer „Geschlechtsidentität“ umgedeutet wird und ihnen im Grunde lediglich eine „unheilbare Identitätsstörung“ zugestanden wird.

Noch einmal: Genau diese Vorstellung ist die Ursache, warum betreffende Menschen gesellschaftlich Gewalt, Ausgrenzung und den Verlust ihrer Würde und Integrität erfahren müssen - und leider auch Tod und Folter in vielen Teilen der Welt.

Der „Mensch“ ist sein Geist und Verstand. Die Aussagen dieses Menschen über sich selbst sind anzuerkennen und als wahr anzunehmen. Diese Aussagen sind in jedem Fall „höher“ anzusehen als Deutungen von Körper und dessen Merkmale. Beweisbar durch Menschen, die von außen nicht eindeutig bestimmbare geschlechtliche Körpermerkmale aufweisen, sich aber dennoch zu ihrem eindeutigen Geschlecht äußern können. Es stellt sich auch immer die Frage, wo im Falle von Deutung, die Linien gezogen werden sollen, um dann so oder so zu deuten. Die Ausprägung von geschlechtlichen Körpermerkmalen (Chromosomen-Paarungen, Hormonwerte, Genitalien, Stimme, Behaarung, Größe, Schulterbreite usw.) als eher weiblich oder eher männlich sind in sich vermengt und übergangslos divers, dass eine eindeutige Zuschreibung an sich schon anmaßend erscheint.

Es wären also sämtliche von ihnen verwendeten Bezeichnungen wie „Geschlechtsidentität“, „transgeschlechtlich“, „Transgeschlechtlichkeit“ „intergeschlechtlich“, „Intergeschlechtlichkeit“, „Geschlechtsinkongruenz“, „Geschlechtsmerkmal“ als Beschreibung einer menschenverachtenden Perspektive die sich auf der Basis von Körper=Geschlecht etabliert zu kritisieren.

Ein weiteres ganz wesentliches Problem sehen wir in der Schaffung eines neuen „Sondergesetzes“. So sprechen sie beispielsweise im §4 Abs. 1, dass sich „transgeschlechtliche“ Personen gegenüber dem Standesamt erklären können. Unabhängig der vorstehenden Kritik wird hier auf eine Gruppe von Menschen verwiesen, die zuweisbar und definierbar gedacht ist. Damit werden weiter Verfahren zur Verifikation der Zugehörigkeit ermöglicht, wie wir sie heute schon in ärztlichen Bescheinigungen oder psychiatrischen Begutachtungen kennen. Wir wünschen uns Gesetze und Regelungen die für alle Menschen Gültigkeit haben.

Auch in verschiedenen Details ihrer Forderungen sehen wir grobe Unstimmigkeiten, teils als Folgefehler, teils als menschenrechtsverletzende oder verfassungsverletzende Regelungen. Darauf näher einzugehen erachten wir aber aktuell unter der Gesamtbetrachtung nicht als weiterführend.

Wir sprechen uns deshalb deutlich gegen eine Umsetzung ihres Vorschlags eines „Gesetz zur Selbstbestimmung über die Geschlechtsidentität (Geschlechtsidentitätsgesetz - GiG)“ aus und sehen darin eine langfristige Festschreibung der Diskriminierung und damit Verschlechterung der Situation für betreffende Menschen.

Gute vorhandene Ansätze sind dagegen im PStG zu behandeln und im Zuge der Debatte einzubringen. Es wäre uns ein großes Bedürfnis, sie bei der Umsetzung einer menschenrechtskonformen Formulierung und entsprechend inhaltlichen Ausrichtung unterstützen zu dürfen.

Wir bitten Sie nun eindringlich, von der Vorlage eines „Geschlechtsidentitätsgesetzes“ Abstand zu nehmen, um damit nicht die „geschlechtliche ABerkennung“ voranzutreiben – denn wenn ein Mensch beispielsweise erklärt er ist eine Frau, ist er kein „Mann, der sich als Frau fühlt“ (oder „Mann, der sich als Frau identifiziert“).

Wir würden uns über einen weiterführenden Dialog sehr freuen und hoffen darauf, dass unsere Kritik als Kritik an der gemeinsamen Sache verstanden wird.

Rosi Hach