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Respektlose Geschichtsaufarbeitung: Die Deutung von Lili Elbe

Es ist drei Jahre her, als wir uns an einer Fachtagung in Bad Urach beteiligten, in der es um die "Späte Aufarbeitung" der Geschichte von Menschen mit geschlechtlichen Variationen ging. Kim Schicklang äusserte damals in einem Vortrag, dass die Geschichte von Menschen mit Transsexualität am Besten ausgehend des Geschlechtes erzählt wird, zu dem sie sich mit ihrem Coming Out bekennen. Dieser Appell blieb weitgehend ungehört. Nun ist unter dem Titel "Die Geschichte von Lili Elbe" ein Buch von Rainer Herrn und Harald Neckelmann erschienen (10. Oktober 2019), in welchem offenbar genau das nicht gemacht wird. Es reiht sich ein in die Serie an Veröffentlichungen, in denen Frauen als Ers dargestellt werden.

"Schmerzhaft ringt Einar um seine Identität, bis er sich schließlich in Deutschland mehreren Operationen unterzieht, um fortan als Lili Elbe weiterzuleben.", so heisst es in der Ankündigung des Buches. Es ist ein Satz, der immer noch so geschrieben werden kann, da Menschen mit Transsexualität in ihrem Coming Out nicht anerkannt werden. Meistens von Menschen, welche die Vorstellung reizvoller finden, dass Männer "als Frauen leben" können, anstatt Menschen in ihrem Geschlecht anzuerkennen. Diese Logik ist immer noch die Regel und ein Teil dessen, was wir "Geschlechterdeutung" nennen. Menschen werden nicht anhand ihres eigenen Wissens, welches sie über sich haben, geschlechtlich respektiert, sondern die Deutung anhand äusserlicher Merkmale wird als legitimer angesehen. Äussern sich Menschen dann zu ihrem Geschlecht, wird ihnen - damit das Prinzip der Geschlechterdeutung grundsätzlich aufrecht erhalten werden kann - höchstens anerkannt, eine andere Identität annehmen zu wollen.

In unserer Biologismen-Sammlung wird diese Weltanschauung deutlich - sie ist unter folgendem Link zu finden: Biologismen-Sammlung.

Noch einmal: Wir wünschen uns, dass die Selbsterkenntnis (das Coming Out) von Menschen über ihr Geschlecht anerkannt wird. Auch dann, wenn es um die geschichtliche Aufarbeitung geht. Nur das ist dann respektvoll. Eine Auseinandersetzung damit wünschen wir auch Rainer Herrn und Harald Neckelmann.