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Grusswort an Frau Giffey

Unter dem Titel "Dr. Franziska Giffey ruft zu mehr Vielfalt und Akzeptanz auf" hat das Bundesfamilienministerium eine Meldung vom CSD 2019 veröffentlicht. In dieser Meldung bezieht sich Giffey auf den Stonewall Riot, der in mehreren Nächten Ende Juni(!) 1969 in New York City stattgefunden hat. Wir halten dieses Video und auch andere Massnahmen der Bundesregierung für Pinkwashing. Deswegen richtigen wir ein Grusswort an Frau Giffey.

"Liebe Frau Giffey,

in ihrer Rede zum CSD sind eine Reihe von Fehlern enthalten. Der Stonewall Riot war im Juni 1969. Es begann damit auch nicht die LGBTI-Bewegung. Es gab schon vorher Menschen, die sich für die Anerkennung von Vielfalt einsetzen. Was 1969 begann, war, dass Menschen sich die staatlichen Demütigungen nicht mehr gefallen liessen. Demütigungen sind immer dann vorhanden, wenn Lebensrealitäten nicht wahrgenommen werden und zugleich Menschen ungleich behandelt werden - auf Grund dessen, dass sie sind, wer sie sind.

Die Bundesregierung beispielsweise demütigt Menschen mit Transsexualität, indem sie Menschen mit Transsexualität nicht zuhört. Wenn transsexuelle Menschen sagen, dass ihr Hauptthema ist, dass ihr Körper von ihrem Geschlecht abweicht, dann ist es demütigend, wenn ihr Geschlecht zu einer Frage der "Geschlechtsidentität" umgedeutet wird, um nicht anerkennen zu müssen, dass körperliche Merkmale nicht immer dem Geschlecht entsprechen. Es ist demütigend, wenn Transsexualität unsichtbar gemacht wird.

Und diese Unsichtbarmachung ist offenbar in Berlin ein Dauerzustand. Das Thema wird immer und immer wieder medizinisch-psychiatrisch umgedeutet. Wenn von "geschlechtlicher Identität" gesprochen wird zum Beispiel und nicht anerkannt wird, dass Körper, die vom Geschlecht abweichen - also transsexuell sind - keine Frage einer Identität sind, der Menschen sich zugehörig fühlen. Dass Sie in ihrer Rede zum CSD auf das "Regenportal" verweisen, in welchem diese Unsichtbarmachung von Transsexualität stattfindet, ist peinlich. Genauso peinlich wie dieses Portal, in welchem nicht von LSBTTIQ gesprochen wird, und die Haltung der Psychosexologie vertreten und beworben wird, welche weiterhin der Ansicht ist, dass Geschlecht (Sexus) an den Körpermerkmalen abgelesen werden kann und nach wie vor "Geschlechtsidentität" in Abgrenzung zum Sexus des Menschen versteht. Transsexualität gibt es ausgehend dieser patriarchalen Perspektive nicht.

Es ist peinlich, dass die Bundesregierung identitäre Initiativen und Vereine unterstützt, welche Transsexualität nicht als existent anerkennen können/wollen, und somit die Spaltung der Gesellschaft voran treibt, anstatt dafür Sorge zu tragen, die Weichen für echte gesetzliche Reformen zu stellen wie z.B. eine Medizin ohne Gender-Deutung und eine Beendigung der Praxis, dass Menschen, die auf Grund ihrer Körpervariation/Transsexualität eine medizinische Behandlung wünschen, genötigt werden, Gespräche über Geschlechtsidentität führen zu müssen - also, wie sie sich als Kind gefühlt haben, mit welchem Spielzeug sie gespielt haben, welche Kleidung sie am liebsten tragen oder welche geschlechtliche Ausrichtung sie besitzen. Das alles hat mit ernsthafter medizinischer Behandlung nichts zu tun. Es sind Menschenrechtsverletzungen.

Es ist peinlich, wenn Menschen auf Grund ihres Körperzustandes geschlechtlichen Kategorien zugeteilt werden, wie z.B. Mann oder Frau oder zum "dritten Geschlecht" erklärt werden. Es ist peinlich, wenn Körperzustände dazu führen als "intergeschlechtlich" oder "transgeschlechtlich" eingeteilt zu werden. Es ist peinlich, wenn diese Zuweisungen von Geschlecht in bunte Farben wie einen Regenbogen gehüllt werden.

Es ist peinlich, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, sich von der medizinisch-psychiatrischen Sicht zu lösen, die in den 60er Jahren bereits existierte und mit zu dem "Stonewall Riot" geführt hatte.

Nein, Sie rufen nicht zu "Vielfalt und Akzeptanz" auf Frau Giffey. Sie sprechen im Sinne bestehender geschlechtlicher Herrschaftsverhältnisse und machen sich zur Komplizin.

Ändern Sie das. Hören Sie auf damit, Menschen mit Transsexualität zu demütigen.

Kim Schicklang
Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V."