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Butleristinnen und Schwarzer-Jüngerinnen, geniesst euren Ruhestand!

Unsere Kritik an dem vermeintlichen Streit zwischen zwei Richtungen der Frauenbewegungen muss wiederholt werden: Um die Definitionshoheit von Geschlecht streiten sich hier zwei Gruppen, die in Wirklichkeit nur Vorder- und Rückseite derselben Medaille sind.

Alice Schwarzer meint in einem aktuellen Artikel der Zeit:

"Ja selbst das Wort "Frau" ist abgeschafft oder nur noch mit einem angehängten * zulässig. Will sagen: Frau soll jeder Mensch, der sich situativ als Frau versteht, sein können – unabhängig von Sozialisation und Biologie."

Wir wissen schon länger, dass Alice Schwarzer Frauen mit vermännlichten Körpermerkmalen nicht als Frauen anerkennen kann. Das hat sie in mehreren Artikeln klar gestellt. Das heisst: Mädel, pass auf, dass sich dein Körper richtig entwickelt hat, sonst nenne ich Dich "Mann". Was ist das anderes als gelebte Unsolidarität?

Die anderen, die sich für die Kinder Judith Butlers halten, fühlen sich der Konstruktion von Identität verpflichtet. Der * steht dann für die unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten. Will sagen: Die Konstruktion von Gender-Schubladen ist das Ziel und all ihre Abstufungen, Wertungen und Ungleichbehandlung die Folge.

So kommen wir nicht weiter. Beide Spielarten des Feminismus sind kaputt. Der Streit ist kein Streit um die Sache, bei der es auch um die Frage körperlicher Variationen und die Fragen "was ist Wahrheit? Wer hat das Recht über das Geschlecht eines Menschen zu entscheiden?" gehen müsste, sondern eine Auseinandersetzung um persönliche Wichtigkeit. Der Diskurs dreht sich längst nicht mehr um Inhalte, sondern es geht um den Disput zweier Gruppen, die sich vor den eigentlichen Themen drücken. Dabei hat die Frage von Geschlecht eine grosse gesellschaftliche Bedeutung mit Auswirkungen auf das Zusammenleben aller Menschen.

Wir stehen vor dem Umbruch weg von einer gesellschaftlichen Realität, in der es völlig legitim gewesen ist, Geschlecht von Aussen zuzuschreiben, hin zu einer Welt, in der Menschen zugetraut wird, ihr Geschlecht am Besten zu kennen. Weder Butleristen noch Emma-Jüngerinnen sind bereit den richtigen Schritt zu gehen und zu fragen: Wie sähe denn eine Welt aus, in der Menschen zugetraut wird, dass sie ihr Geschlecht kennen (was mehr ist, als eine Geschlechtsidentität)? Welche Konsequenzen würde eine Haltung haben, die Menschen dieses Wissen zugesteht? Zu fragen wäre auch: Was haben diese Fragen mit der Situation in unsere globalen Weltgesellschaft zu tun?

Da es Menschen gibt, die längst weiter sind, als diese beiden Lager, wäre es doch schön, wenn diese Menschen auch einmal zu Wort kommen würden. Ein vermeintlicher Streit zweier Ewiggestriger, die nicht bereit sind, sich den Fragen der Zeit zu stellen mögen vielleicht interessant sein für andere Ewiggestrige, er hilft aber nicht weiter, die dringenden Fragen der Zeit zu beantworten. 

Die Hauptfrage wäre: Können wir es Menschen zutrauen, dass sie wissen, wer sie sind?

Liebe Butleristen und Schwarzer-Jüngerinnen, geht in euren Ruhestand.

http://www.zeit.de/2017/33/gender-studies-judith-butler-emma-rassismus